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21.07.2025 | (rsn) - Nach zwei Wochen Tour de France hat Deutschland mit Florian Lipowitz (Red Bull – Bora - hansgrohe) wieder einen jungen Radprofi, der nach den Sternen greift. Nach einer überragenden Woche in den Pyrenäen bewies der 24-Jährige, dass er hinter Spitzenreiter Tadej Pogacar (UAE – Emirates - XRG) und dessen Verfolger Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) die dritte Kraft im Rennen ist und mit Recht auch das Weiße Trikot des besten Jungprofis trägt. In einer Pressekonferenz gab Lipowitz einen kurzen Einblick in sein Seelenleben und einen Ausblick in die kommende, wieder schwere Woche in den Alpen.
"Bei der Tour im Weißen Trikot an den Start zu gehen, da geht natürlich ein Traum in Erfüllung. Auf dem Podium und bei der Zeremonie dabei zu sein, ist natürlich superschön“, gestand Lipowitz, der aber auch einräumte: "Aber natürlich bedeutet es auch noch mehr Stress. Es geht Zeit weg von der Erholung, und da muss man erstmal reinkommen. Aber generell freut es mich natürlich, da dabei sein zu können." ___STEADY_PAYWALL___
Schon ganz abgeklärt, obwohl er erst seit kurzem zur absoluten Weltspitze gehört, fuhr er fort: "Es hat sich nicht wirklich etwas geändert. Ich war vielleicht etwas aufgeregter am Start, aber letztendlich sind wir alle einfach nur Fahrer, egal welches Trikot wir anhaben. Wir fahren alle die Tour und versuchen alle unser Bestes."
Auch Pogacar nannte den 24-Jährigen einen starken Fahrer, der immer besser werde. Eine Ehre für Lipowitz, der auch ein wenig Fan des Tour-Dominators ist. Ab und an würden sie auch kurz während des Rennens miteinander sprechen. "So wie ich ihn kennengelernt habe, ist er ein supersympathischer Fahrer und eine angenehme Person. Natürlich freue ich mich, wenn ich mit so jemandem kurz reden kann. Vor ein paar Jahren habe ich nur im Fernsehen zugeschaut und ihn Rennen fahren sehen. Jetzt selbst ein Teil davon zu sein, das freut mich natürlich“, sagte Lipowitz.
Man merkt dem Red-Bull-Profi im Gespräch an, dass ihm allmählich klar wird, in welche Sphären er sich mit seinem unerwarteten Aufstieg in der Radsporthierarchie gefahren hat. "Ich versuche, mir so wenig Druck wie möglich zu machen.“ Dabei ist ihm bewusst, dass es auf diesem Niveau auch mal einen Rückschlag geben könnte. Falls es dazu kommen sollte, würde für den Laichinger aus der Nähe von Ulm keine Welt zusammenbrechen. "Wenn es in der dritten Woche nicht mehr läuft und mein Körper streikt, dann kann ich, glaube ich, trotzdem positiv auf die letzten zwei Wochen schauen und mit einem superguten Gefühl nach Hause gehen.“
Doch zunächst geht es in die Alpen. Nach dem Ruhetag steht die Etappe von Montpellier auf den Mont Ventoux an, den er schon mit seinen Eltern erklommen hat. "Das ist auf jeden Fall ein spezieller Berg mit wahnsinniger Geschichte in der Tour und ich freue mich, dass ich ihn auch selber in der Tour fahren darf. Ich glaube, jeder Fahrer träumt davon, so einen Berg bei der Tour mal fahren zu können.“
Welche legendären Pässe ihn noch erwarten, lässt er auf sich zukommen. "Natürlich ist man über die Etappen schon drüber geflogen, aber allzu genau habe ich sie mir nicht angeschaut.“ Wie den den Mont Ventoux und den Tourmalet in den Pyrenäen, hat er früher auch in den Alpen einige Pässe mit seinen Eltern erkundet. "Auf jeden Fall sind wir über die meisten drüber gefahren und ich kenne auch von der Dauphiné den einen oder anderen. Aber manchmal ist es auch gut, wenn man nicht ganz genau weiß, wie die Berge sind. Denn wenn man einen schlechten Tag hat, kann das vielleicht auch eher ins Negative gehe. Deshalb schaue ich von Tag zu Tag. Wenn ich die Beine aus dieser Woche habe, dann kann ich mich drauf freuen, ansonsten wird es eine harte Qual."
Nach wie vor ist es sein Hauptziel, am kommenden Sonntag in Paris anzukommen. Das zweite Ziel, mit dem sein Team Red Bull – Bora - hansgrohe vor zwei Wochen in Lille antrat, ist der Podiumsplatz am Ende in Paris. Das will Lipowitz nach wie vor gemeinsam mit seinem Teamkollegen Primoz Roglic angehen, der als Sechster 2:41 Minuten hinter ihm platziert ist.
Im Kampf ums Podium sieht er keine Konkurrenzsituation. "Mir ist es tatsächlich egal, wer in Paris auf dem Podium stehen wird“, sagt er aus wirklicher Überzeugung. "Wie schon gesagt: Ich bin ohne Erwartungen in die Tour gekommen. Ein Fahrer wie Primoz hat von Anfang an den Druck, performen zu müssen. Den hatte ich nicht. Deshalb hat er von Start an eine andere Rolle und ich gönne es ihm von Herzen, wenn er am Ende auf dem Podium steht. Wir haben noch nicht genau über die nächsten Tage und Etappen gesprochen. Aber ich glaube, wir können als Team auf jeden Fall viel bewirken."
Er hat den Teamgedanken absolut verinnerlich und erkennt die Erfahrung des elf Jahre älteren, Kollegen an, der 2020 schon Tourzweiter war und viermal die Vuelta gewann. "Wir kommen supergut miteinander aus. Ich bin froh, dass er es mich selber machen lässt und gleichzeitig auch unterstützt. Wir sind ein Team, wir fahren zusammen Rennen und unterstützen uns gegenseitig. Wir kämpfen beide für das Ziel, am Ende auf dem Podium zu sein. Aber ich will gar nicht so sehr über mich und das Podium sprechen. Mich freut es, wenn es Primoz schafft. Ich will für mich selbst von Tag zu Tag schauen und mir selbst so wenig Druck wie möglich machen."