Interview mit dem NSP-Teamchef

Kohlhepp: "Wir wollen zu den großen Rennen"

Foto zu dem Text "Kohlhepp:
NSP-Teammanager Thomas Kohlhepp Foto: TEAM NSP

06.12.2010  |  (rsn) – In der ersten Liga ist der deutsche Radsport nicht mehr vertreten. Aber darunter tut sich einiges. NetApp tritt in der kommenden Saison als Professional Continental-Team an. Auf Continental-Ebene könnten sogar bis zu neun Mannschaften mit deutscher Lizenz in die Rennen gehen. Eine davon ist das neue Team NSP, dessen Manager Thomas Kohlhepp im Interview mit Radsport News über seine Motivation und Ziele sowie über den Zustand des deutschen Profiradsports sprach.


Was hat Sie bewogen, in diesen Zeiten in Deutschland ein Profiteam zu gründen?

Kohlhepp: Die Idee, zum Zeitpunkt X ein Profiteam zu gründen, habe ich schon seit zwei oder drei Jahren. In dieser Zeit habe ich eine Bundesligamannschaft geführt und dann hat sich mit der Firma NSP auch ein Investor gefunden, mit dem das möglich ist. NSP plant langfristig und hat auch ein Modell installiert, in dem junge Fahrer eine Ausbildung absolvieren können, während sie sich bei uns als Profi versuchen. Mir war es ein Anliegen, beides miteinander zu verknüpfen, denn leider kommt es allzu oft vor, dass sich der Traum vom Profi nicht verwirklicht und die Fahrer dann mit 25 Jahren ohne Beruf auf der Straße stehen.

Nach der Auflösung von Milram ist keine deutsche Mannschaft mehr in der ersten Liga des Radsports dabei. Dafür ist NetApp in die zweite Division aufgestiegen und in der neuen Saison gibt es neun oder zehn deutsche Conti-Teams. Ist es um den Profiradsport in Deutschland also doch nicht ganz so schlecht bestellt?

Kohlhepp: Es ist schon ein sehr großer Verlust, dass wir kein ganz großes Team mehr in Deutschland haben. Natürlich ist der Aufstieg von NetApp gut, weil dadurch auch junge deutsche Talente die Chance haben, sich zu beweisen. Insgesamt sieht es mit deutschen Talenten ja auch gar nicht schlecht aus, nur müssen sie auch die Möglichkeiten bekommen, ganz große Rennen zu bestreiten. Und dazu braucht man eben auch ein großes heimisches Team.

Wo ordnen Sie Ihre Mannschaft in der Riege der deutschen Conti-Teams ein?

Kohlhepp: Ich weiß nicht, welche Ambitionen die Continental-Mannschaften im Einzelnen haben. Es gibt ja welche, die beschränken sich auf die Ausbildung von Talenten und fahren großteils U23-Rennen und die deutsche Bundesliga. Das ist nicht unsere Ausrichtung. Wir schauen ganz klar auf den UCI-Kalender und verzichten auf die Bundesliga. Wir wollen wir uns schon unter den besten deutschen Continental-Teams etablieren.

Die meisten Ihrer Fahrer sind noch sehr jung. Wie schätzen Sie die Gefahr ein, dass im Falle von Erfolgen die großen Mannschaften sie ihnen wegschnappen?

Kohlhepp: Wenn ein Team wie HTC-Columbia einen unserer jungen Fahrer ein Angebot macht, können wir schlecht ablehnen. Wir wollen dem Jungen ja nicht den Weg verbauen. Aber in dem Punkt kann ich nur Sean Kelly unterstützen, der gefordert hat, dass die Conti-Teams in dem Fall eine Ablösesumme erhalten. Wenn ich einen Fahrer in mein Profiteam hole, muss der Verein, für den er bisher gefahren ist, eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 500 Euro bekommen. Die muss zwar der theoretisch der Fahrer zahlen, aber praktisch übernehme das entweder ich als sein neuer Teamchef oder der bisherige Verein/das Team verzichtet darauf. Es wäre also nur gerecht, wenn die Continental-Teams eine Ablösesumme erhielten, sollten große Mannschaften Fahrer aus laufenden Verträgen rausholen.

Wir schwer war es für Sie, einen Sponsor zu finden?

Kohlhepp: Ich habe das hier ja über drei Jahre hin aufgebaut und hatte lange genug Zeit, um Kontakte zu knüpfen. Da fällt es vielleicht einfacher, jemanden von seinem Konzept zu erzeugen, als wenn man - wie etwa in den Fällen Gerolsteiner und Milram - innerhalb eines Jahres quasi mit der Brechstange einen Sponsor dazu bewegen muss, acht bis zehn Millionen Euro zu investieren. Prinzipiell ist es wichtig, dass beide Seiten etwas davon haben.

Welche sportlichen Ziele hat das Team NSP?

Kohlhepp: Zum Rennkalender kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nichts sagen. Aber es wird natürlich schwierig werden, in hochklassige Wettbewerbe reinzukommen. Ganz klar: Wir hätten gerne Eintrittskarten zu großen Rennen. Die Bayern-Rundfahrt etwa wäre für uns natürlich ganz wichtig und ein großes Ziel. Wir hoffen, sportlich diesem Anspruch gerecht werden zu können, ob es dann letztendlich reicht, entscheidet der Veranstalter. Wir tun alles dafür und hoffen auf eine Einladung.

Wie wichtig sind Ihnen und dem Sponsor denn Siege?

Kohlhepp: Siege sind immer schön, aber ich erwarte nicht unbedingt eine riesige Anzahl davon. Wir setzen die Fahrer deshalb auch nicht unter Druck. Und für den Sponsor spielen Siege keine entscheidende Rolle. Für den ist es wichtig, dass in den kommenden Jahren unser gemeinsames Marketingkonzept aufgeht und er seinen Invest richtig eingesetzt sieht. Natürlich wäre eine Mischung aus Erfolgen und Werbung ideal. Mal abwarten, wie sich das entwickelt. Bisher können wir nicht klagen. Wir haben noch kein einziges Rennen bestritten, sind aber schon in Berichterstattungen z.B. des SPIEGEL in einem Atemzug mit NetApp genannt worden.

Wie robust ist Ihr Sponsor beim Thema Doping. Steigt er aus, sobald es einen positiven Fall geben sollte?

Kohlhepp: Dazu möchte ich öffentlich nichts sagen. Ich werde aber bei unserem Teamtreffen im Dezember das Thema auf den Tisch bringen und keinen Zweifel darüber lassen, wie ich dazu stehe. Aber ich denke, dass vor allem die junge Generation der Fahrer längst verstanden hat, was Sache ist. Ich will das Thema hier nicht zu hoch hängen, denn es ist doch so, dass auch in anderen Sportarten, vor allem im Ausdauerbereich, gedopt wird. Leider wird vor allem in Deutschland ja fast nur über den Radsport in Verbindung mit Doping berichtet und das in einer Art, die die ganze Sportart gefährdet.

Was trauen Sie Ihren Kapitänen wie René Obst und Björn Thurau zu?

Kohlhepp: Prinzipiell wird die Kapitänsfrage von unserem Sportlichen Leiter Lars Wackernagel beantwortet. Ich gehe aber davon aus, dass im Lauf der Saison die Kapitänsrolle auf mehrere Schultern verteilt wird. Tino Thömel etwa wird trotz seiner erst 22 Jahre unser Mann in den Sprints sein. Er ist ein ganz großes Talent und ich traue ihm viel zu. René Obst wird sicherlich seine Chancen bekommen, sieht sich selber aber auch in der Rolle des erfahrenen Helfers. Björn Thurau ist trotz seiner Jugend ja schon ein erfahrener Profi, der im vergangenen Jahr eindeutig zu niederklassig gefahren ist. Er ist ein guter Allrounder, der mit dazu beiträgt, dass wir vielseitig aufgestellt sind. Aber auch andere Fahrer in unserem Team haben die Fähigkeiten, große Rennen zu bestreiten. Deshalb warten wir mit der Kapitänsfrage ab, wie sich die Saison entwickelt.

Im Continental-Bereich werden oftmals nur noch Einjahresverträge vergeben. Wie sieht das bei Ihrem Rennstall aus?

Kohlhepp: Schon allein durch die Tatsache, dass einige unserer Fahrer bei uns ja auch eine Berufsausbildung absolvieren, ergibt sich eine langfristige Bindung von zwei bis vier Jahren. Allerdings wollen manche Fahrer ja auch nur Verträge mit kurzen Laufzeiten, weil sie sich wieder nach oben orientieren wollen.

Ist die zweite Liga das Ende der Fahnenstange für NSP der peilen Sie die Pro-Team-Division an?

Kohlhepp: Wir wollen mal schön die Kirche im Dorf lassen, Wer hätte vor zwei Jahren gedacht, dass wir 2011 als Conti-Team antreten? Jetzt schauen wir erst mal, dass wir in zwei oder drei Jahren eine ProConti-Lizenz haben. Und wenn das funktioniert, wieso sollte dann nicht auch erste Liga möglich sein?


Mit Thomas Kohlhepp sprach Matthias Seng.


Thomas Kohlhepp kam erst im Alter von 36 Jahren zum Radsport. Zunächst als Hobby-Mountainbiker aktiv, war er von 2005 bis 2008 Nachwuchstrainer bei der RSG Heilbronn, danach Teammanager der U19-Bundesligamannschaften Team Maisch Sportwear und Ghost Junior Team Road. Im kommenden Jahr führt der 45-Jährige das neue deutsche Team NSP an. Kohlhepp ist verheiratet und hat zwei Kinder. Hauptberuflich ist er als Angestellter im Ideenmanagement beim deutschen Autobauer Audi tätig.

Mehr Informationen zu diesem Thema

18.03.2011Team Vorarlberg mit acht Neuzugängen

(rsn) – 13 Fahrer bilden in der Saison 2011 den Kader des österreichischen Teams Vorarlberg, das auch in diesem Jahr mit einer Continental-Lizenz ausgestattet ist. Bei der offiziellen Präsentation

09.03.2011Claußmeyer: "Wir haben eine starke Truppe beisammen"

(rsn) – Nutrixxion Sparkasse war an der Anzahl von Siegen gemessen im vergangenen Jahr das erfolgreichste deutsche Team. Auch in der Saison 2011 will der Dortmunder Continental-Rennstall mit einer k

04.03.2011Arbö Gourmetfein Wels: Österreich-Rundfahrt ist das große Ziel

(rsn) – Mit 14 Fahrern startet das österreichische Continental-Team Arbö Gourmetfein Wels in die neue Saison. Prominentester der vier Neuzugänge ist der Österreicher Christoph Sokoll (Team Vorar

01.03.2011Thüringer Energie Team steht vor einem "Jahr der Bewährung"

(rsn) - Nach der erfolgreichsten Saison seiner Geschichte sieht die Sportliche Leitung des Thüringer Energie Teams die Mannschaft vor einem „Jahr der Bewährung“, wie es in einer Pressemitteilung

24.02.2011Polnisches Legia-Felt-Team erhält Continental-Lizenz

(rsn/wowo) - Erst zwei polnische Mannschaften haben vom Weltradsportverband UCI Continental-Lizenzen erhalten. Außer dem Bank BGŻ-Team von Manager Zbigniew Szczepkowski, das den aufgelösten R

16.02.2011Nutrixxion-Teams wollen für Furore sorgen

(rsn) – Im Rahmen eines PR-Camps auf Mallorca haben sich der neue deutsche Frauenrennstall Abus Nutrixxion und das Männerteam Nutrixxion Sparkasse der Öffentlichkeit präsentiert. Die von Manager

04.02.2011Bank BGŻ-Team: Mischung aus Jugend und Erfahrung

(rsn/wowo) - Die polnische Mannschaft Bank BGŻ rüstet sich für die neue Saison. In der vergangenen Woche kam von dem Radsportweltverband UCI die Bestätigung, dass das Nachfolgeteam von DHL-A

31.01.2011Team NSP: Präsentation im ausverkauften Berliner Velodrom

(rsn) – Im ausverkauften Velodrom in Berlin hat sich am Samstagabend im Rahmen des Sechstagerennens der neue deutsche Continental-Rennstall Team NSP dem Publikum vorgestellt. "Das ist eine Riesensac

29.01.2011Winokurow träumt vom Abschluss in Gelb

(sid) - Der umstrittene Kasache Alexander Winokurow hat sein Karriereende zum Abschluss der Saison 2011 angekündigt. "Das wird meine letzte Saison sein. Ich kann nicht fahren, bis ich 40 bin", sagte

28.01.2011Mit berühmtem Sponsor in das elfte Jahr

(rsn) - Mit 14 Fahrern und einem berühmten neuen Sponsor startet das deutsche Team Eddy Merckx-Indeland in seine elfte Saison. Am Freitagabend stellte sich der von Markus Ganser und Rüdiger Systerma

26.01.2011Bank BGŻ: Erstes Teamtreffen in der Hohen Tatra

(rsn/wowo) - Im polnischen Zakopane fand das erste Mannschaftstreffen von Bank BGŻ Professional Cycling statt. Nicht dabei sein konnte Patrick Schubert, der erkrankt ist. Bis auf den 26-jährigen

21.01.2011Team Champions System geht mit 15 Fahrern in die Saison 2011

(rsn) – Das bisher als CKT tmit – Champion System bekannte Continental-Team wird in der Saison 2011 als Team Champion System antreten und in Hongkong lizenziert sein. In Hongkong hat auch der Haup

Weitere Radsportnachrichten

02.05.2024Giro d`Italia: Die letzten zehn Jahre im Überblick

(rsn) - Der Giro d`Italia ist traditionell die erste dreiwöchige Landesrundfahrt im Rennkalender, bei der sich immer wieder auch die Deutschen als Etappenjäger hervortaten. Im Jahr 2022 konnte das

02.05.2024“Underdogs“ Bauhaus und Kanter hoffen auf Giro-Etappensiege

(rsn) – Olav Kooij (Visma – Lease a Bike), Tim Merlier (Soudal – Quick-Step), Fabian Jakobsen (dsm-firmenich – PostNL), Jonathan Milan (Lidl – Trek), Kaden Groves (Alpecin – Deceuninck),

02.05.2024Bénin: Jury nimmt Bike Aid das Gelbe Trikot wieder weg

(rsn) – Erneuter Tiefschlag für das Team Bike Aid bei der Tour du Bénin (2.2). Nachdem Yoel Habteab zum Auftakt seinen Etappensieg aberkannt bekommen hatte, weil er und seine Gruppe den Motorräd

02.05.2024Großes Vorschau-Paket: Die Strecke des Giro d´Italia 2024

(rsn) – Sechs Bergankünfte, zwei Einzelzeitfahren, toskanischer Schotter, der Mortirolo, der Stelvio und zum krönenden Abschluss zwei Mal der Monte Grappa – das ist der 107. Giro d´Italia (4. -

02.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

01.05.2024Highlight-Video des 61. Eschborn-Frankfurt

(rsn) – Maxim Van Gils (Lotto – Dstny) hat die 61. Ausgabe von Eschborn – Frankfurt (1.UWT) gewonnen. Der 24-jährige Belgier setzte sich über 203,8 Kilometer von Eschborn nach Frankfurt im Spr

01.05.2024Bergkönig Degenkolb feiert in Frankfurt erst nach tiefem Frust

(rsn) - Neben Sieger Maxim Van Gils (Lotto Dstny) war John Degenkolb (dsm–firmenich - PostNL) der Mann des 61. Eschborn - Frankfurt. Der Lokalmatador war 150 Kilometer als Ausreißer unterwegs und k

01.05.2024In der Übersicht: Die Aufgebote für den 107. Giro d´Italia

(rsn) – Am 4. Mai beginnt in Venaria Reale nördlich von Turin mit dem Giro d’Italia (2.UWT) die erste Grand Tour des Jahres. Insgesamt 176 Fahrer aus 22 Teams nehmen die 107. Ausgabe der Italien-

01.05.2024Schachmann düste von der Alten Oper direkt zum Flughafen

(rsn) - Nach dem hessischen Klassiker ist vor dem Giro – zumindest für Maximilian Schachmann (Bora – hansgrohe). Der zweimalige Deutsche Meister musste sich nach der Zieleinfahrt in Frankfurt, be

01.05.2024Deutsche Talente verpassen es, sich in Szene zu setzen

(rsn) - Für die deutschen Fahrer und Teams gab es bei der U23-Variante von Eschborn - Frankfurt (1.2u) nichts zu holen. Nach 129 Kilometern und zwei Feldberg-Überquerungen machte eine international

01.05.2024Highlight-Video der 4. Etappe der Vuelta Femenina

(rsn) – Kristen Faulkner hat bei der 10. Vuelta Femenina für den zweiten Sieg einer Fahrerin von EF Education – Cannondale gesorgt. Nachdem ihre Teamkollegin Alison Jackson den zweiten Abschnit

01.05.2024Bénin: Bike Aid holt sich mit einem Tag Verspätung Gelb

(rsn) - Nachdem Bike-Aid-Fahrer Yoel Habteab zum Auftakt der Tour du Bénin (2.2) das Gelbe Trikot noch verwehrt blieb, weil ihm der Etappensieg genommen und er hinter Azzedine Lagab auf Platz zwei z

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine