WM-Zeitfahren: Brennauer und Worrack auf 6 und 7

Neben wird für die USA überraschend vom Oldie zum Goldie

Von Felix Mattis aus Doha

Foto zu dem Text "Neben wird für die USA überraschend vom Oldie zum Goldie"
Amber Neben (USA) ist zum zweiten Mal Zeitfahr-Weltmeisterin. | Foto: Cor Vos

11.10.2016  |  (rsn) - Die 43-jährige Kristin Armstrong in Rio und nun die 41-jährige Amber Neben bei den Weltmeisterschaften in Doha: Die Oldies sind in diesem Jahr für die USA zu Goldies geworden. Doch Armstrong bei den Olympischen Spielen noch zum engsten Favoritenkreis gehört hatte, überraschte es am Dienstagnachmittag im Wüstenstaat Katar doch, dass Neben sich nach 28,9 Kilometern mit einem Schnitt von 47,355 km/h ihren zweiten Zeitfahr-WM-Titel nach 2008 sicherte. Um sechs beziehungsweise acht Sekunden verwies sie Top-Favoritin Ellen Van Dijk (Niederlande) sowie Katrin Garfoot (Australien) auf die weiteren Podestplätze.

"Ja, es war überraschend, aber es war es auch nicht", sagte Neben etwas kryptisch zum Auftakt ihres Sieger-Interviews mit radsport-news.com. "In meinem Kopf und meinem Herzen weiß ich, wie ich in den letzten zwei Jahren gefahren bin. Und ich weiß, dass ich Weltmeister-Power hatte. Es war nur eine Frage davon, meine Aerodynamik in diesem Jahr auf das Level des Rests der Welt zu bringen."

Auch der Rest der Welt wusste, wie Neben in den vergangenen beiden Jahren gefahren war: Die Kalifornierin holte ein paar gute Ergebnisse, mit der Weltspitze unter den Zeitfahrerinnen maß sie sich aber kaum. Siege beim Chrono Gatineau in Kanada sowie im Zeitfahren der Route de France gelangen ihr, aber die Konkurrenz ließ jeweils zu wünschen übrig.

"Sie ist heute hier schon die ganz große Überraschung", sagte deshalb Lisa Brennauer und bekam in dieser Einschätzung Unterstützung von den anderen Mit-Favoritinnen um Van Dijk und Garfoot. Die Weltmeisterin von 2014 war in Doha 57 Sekunden langsamer als Neben und musste sich mit Rang sechs begnügen - 14 Sekunden vor der zweiten Deutschen Trixi Worrack auf Rang sieben.

"Ich bin schon ein wenig enttäuscht. Es war ein großer Traum nach den zwei Medaillen hintereinander, es hier nochmal zu schaffen", so Brennauer. "Ich habe mich eigentlich im Rennen gut gefühlt, meinen Rhythmus gefunden und mag den Kurs sehr gern - aber trotzdem hat es nicht gereicht." Die Allgäuerin betonte aber auch, dass die Niederlage neue Motivation wecke. "Die Motivation ist da, jetzt vielleicht auch im Training mal etwas Neues zu probieren und hart zu arbeiten. Denn ich möchte dahin zurück, wo ich herkomme."

Worrack hingegen durfte sich im vorletzten Rennen eines sehr schweren Jahres über Rang sieben freuen, ihr bestes Resultat seit dem fünften Platz in Florenz 2013 und ihr fünftes Top-Ten-Resultat in Folge. "Mit meiner Zeit kann ich zufrieden sein", sagte sie im Ziel, noch bevor die letzte Startgruppe mit den meisten Favoritinnen von der Startrampe rollte. "Der Abstand ist nicht mega groß und es war nur ein Tag Zeit zwischen Teamzeitfahren und heute. Ich erhole mich einfach noch nicht so gut, wie es sonst war."

Verrückt: Mit Rang sechs und sieben fuhren Brennaur und Worrack zwar gute Positionen ein, gleichzeitig aber das schlechteste BDR-Ergebnis seit dem siebten Platz von Judith Arndt in Salzburg 2006.

Worrack war genau wie Neben und auch die zweite Top-Favoritin Annemiek Van Vleuten (Niederlande) bereits in der zweiten von vier Startgruppe ins Rennen gegangen und somit bei spürbar größerer Hitze unterwegs, als etwa Brennauer oder Van Dijk und Garfoot. Dafür aber wurde es am späteren Nachmittag, wie schon an den Vortagen, etwas windiger. Welches die besseren Bedingungen für schnelle Zeiten waren, ließ sich schwer beurteilen - doch nachdem auch bei der U23 am Montag bereits ein "Frühstarter" Gold errang, scheint die größere Hitze zumindest kein Nachteil zu sein.

"Es war so heiß, dass ich mich dafür entschied, auf die Aero-Überschuhe zu verzichten. Ich war lieber weniger aerodynamisch um den Körper besser zu kühlen", erzählte Neben von ihren Erfahrungen auf der Strecke. Die US-Amerikanerin setzte an allen Zwischenzeiten beeindruckende Bestzeiten und übernahm die Führung im Ziel 26 Sekunden vor Van Vleuten sowie 1:11 Minuten vor Worrack. Dann begann das Warten auf dem Hot Seat, doch als auch Van Dijk schon an der ersten Zwischenzeit sieben Sekunden zurücklag, wurde langsam deutlich, wie stark Neben gefahren war.

"Ich habe mit allem gekämpft, was ich hatte. Aber es war nicht genug", bedauerte Van Dijk, nachdem sie an der zweiten Zwischenzeit bei Rennhalbzeit sogar um vier Sekunden geführt hatte, dann aber bei der dritten Zeitnahme sechs Kilometer vor Schluss wieder zwei und im Ziel schließlich sechs Sekunden zurück lag.

Nach der Niederländerin folgten zehn weitere Starterinnen, von denen vor allem Garfoot, Brennauer, die Olympia-Zweite Olga Zabelinskaya und die Olympia-Dritte Anna Van der Breggen als Medaillenkandidatinnen galten. Doch sie alle hatten schon nach 7,4 Kilometern mehr als zehn Sekunden Rückstand. Lange Zeit war dann Zabelinskaya auf Bronze-Kurs, doch Garfoot blieb als Vierte auf Tuchfühlung und brannte im Schlusssektor dann eine Fabelzeit in den Asphalt, um sich noch auf Rang drei vorzuschieben. Zehn Sekunden nahm sie sogar Neben auf den letzten sechs Kilometern noch ab.

"Ich habe viele Horrorgeschichten gehört, dass man am Ende stirbt wenn man zu schnell angeht", sagte die gebürtige Münchenerin Garfoot ob ihres verhaltenen Starts, durch den sie am Ende zwar die nötigen Reserven hatte, noch einmal aufzudrehen, der aber am Anfang zu viel Zeit kostete, um sich den Traum vom Weltmeistertitel zu erfüllen.

Das gelang, zum zweiten Mal in ihrer Karriere, der 41-jährigen US-Amerikanerin Amber Neben.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

16.11.2016Andersen bei der WM absichtlich von Polizeiauto umgefahren?

(rsn) – Bei der Straßen-WM in Doha ist die Norwegerin Susanne Andersen von einem Polizeiauto umgefahren worden, nachdem sie von ihrem Einsatz im Zeitfahren der Juniorinnen auf dem Weg zurück zum T

18.10.2016Bitte nie wieder eine Qual Qatar!

(rsn) - Wir hätten eine riesengroße Bitte an die Verantwortlichen im Radsportweltverband. Nie wieder! Bitte nie wieder eine Straßen-WM in einem Land, das mit Radsport soviel gemein hat wie Rosamund

17.10.2016Kittel: "Das ist auch Erfahrungssache"

(rsn) – Mit gleich zwei Debütanten trat das nur sechsköpfige deutsche Team in gestrigen WM-Straßenrennen von Doha an. Der Kölner Nils Politt und der Freiburger Jasha Sütterlin hatten sich nach

17.10.2016L´Equipe: Ein "Großes Fiasko" für die Franzosen

(rsn) - Wo waren eigentlich die Franzosen im WM-Straßenrennen von Doha? Einen Tag nach den Titelkämpfen und dem erneuten Triumph von Peter Sagan sind die Mannschaften aus Belgien, Italien, Norwegen,

17.10.2016Degenkolb: Auf "The Pearl" wurde aus Hoffnung Frust

(rsn) – John Degenkolb ist bereits im Besitz von zwei WM-Medaillen. In seinem ersten U23-Jahr gewann der Oberurseler 2008 in Florenz die Bronzemedaille, zwei Jahre später musste er sich im australi

17.10.2016Windkante und Plattfuß kosteten Deutschland alle Chancen

(rsn) - Die Enttäuschung war riesig. Während Vertreter der Nachwuchs- und Frauen-Mannschaften des Bundes Deutscher Radfahrer gemeinsam mit Vize-Präsident Udo Sprenger auf dem Podium die Ehrung als

16.10.2016Weltmeister Sagan: Unfassbar erfolgreich

(rsn) - Selbst den ganz großen Namen wie Eddy Merckx oder Alfredo Binda blieb diese Ehre verwehrt: die Titelverteidigung bei einer Straßen-Weltmeisterschaft. Peter Sagan hat den beiden Radsport-Lege

16.10.2016Medaillenspiegel der Straßen-WM 2016

(rsn) - In insgesamt zwölf Wettbewerben der 89. UCI-Straßen-Weltmeisterschaften in Katar werden vom 9. – 16. Oktober 2016 insgesamt 36 Medaillen vergeben.In Einzelzeitfahren und Straßenrennen kä

16.10.2016Cavendish: Starke Saison ohne fettes Ausrufezeichen

(rsn) - Es wäre das fette Ausrufezeichen hinter eine Saison gewesen, die für Mark Cavendish eine Art sportlicher Wiedergeburt war. Bei der Tour de France katapultierte er sich mit vier Etappensiegen

16.10.2016Leezer fehlten in Doha 300 Meter zum WM-Gold

(rsn) – Wie bei den Deutschen ging auch bei den Niederländern der Plan nicht auf, am Ende des WM-Straßenrennens von Doha zumindest einen schnellen Mann vorne mit dabei zu haben. Denn Sprinthoffnun

16.10.2016Sagan krönt sein fabelhaftes Jahr mit zweitem WM-Gold in Folge

(rsn) – Bereits nach gut 80 Kilometern war in Katar der Traum der deutschen Profis vom ersten WM-Gold seit 50 Jahren jäh beendet. Bei einer von den Belgiern in der Wüste initiierten Windkantenatta

16.10.2016Boonen holt WM-Bronze in Doha - und hadert

(rsn) - Würde der Weltmeister nach Fleißarbeit ermittelt werden, dann hätte die belgische Equipe mit ihrem Einsatz berechtigten Anspruch auf den Titel in Doha gehabt. Doch so groß der Teamgedanke

Weitere Radsportnachrichten

07.05.2024Ab 2025 auch ein Frauenrennen Mailand-Sanremo?

(rsn) - Nach der Flandern-Rundfahrt, Paris-Roubaix und Lüttich-Bastogne-Lüttich wird mit Mailand-Sanremo auch das vierte der fünfte Monumente künftig wohl auch mit einem Frauenrennen aufwarten kö

07.05.2024Ein Hauch von Mailand-Sanremo

(rsn / ProCycling) – Die Fahrt über die Po-Ebene, ein langer Anstieg in der Mitte der Strecke, das Erreichen der ligurischen Küste und Passagen durch malerische kleine Städtchen – es ist eine E

07.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

06.05.2024Roglic: Pyrenäen-Besichtigung, Höhen-Camp und Dauphiné geplant

(rsn) – Während Jonas Vingegaard aufgrund seiner schweren Verletzungen aus dem Massensturz auf der 4. Etappe der Baskenland-Rundfahrt im Mai nicht mit seinem Team Visma – Lease a Bike im Höhentr

06.05.2024Pogacar stellt wie im kindlichen Spiel historische Episoden nach

(rsn) - Tadej Pogacar kopiert beim 107. Giro d´Italia große Szenen der Vergangenheit. Das qualifiziert ihn für den Radsport-Oscar. Das Rosa Trikot könnte er mit zu viel Spielerei aber auch riskie

06.05.2024Thomas: “Der späte Angriff war sicher nicht der Plan“

(rsn) - Letztlich gab es auf der 3. Etappe des Giro d´Italia (2.UWT) zwar den erwarteten Massensprint, doch bis es dazu kam, mussten erst noch Tadej Pogacar und Geraint Thomas nach einem späten Angr

06.05.2024Bauernfeind beendet Vuelta besser als erwartet

(rsn) – Wer weiß, was alles möglich gewesen wäre. Wenn Ricarda Bauernfeind nicht zu Beginn der Vuelta Feminina (2.WWT) etwas gekränkelt hätte. Und wenn sie von Beginn an als Kapitänin von Cany

06.05.2024Highlight-Video der 3. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) - Die 3. Etappe des Giro d´Italia 2024 galt es erster Tag für die Sprinter der diesjährigen Rundfahrt. Doch bevor die schnellen Männer auf der Zielgeradem zum Sprint ansetzen konnten, musste

06.05.2024Merlier gewinnt nach später Attacke von Pogacar und Thomas

(rsn) – Am Ende einer komplett verrückten Etappe gewann Tim Merlier (Soudal – Quick-Step) auf dem dritten Teilstück des 107. Giro d’Italia (2.UWT) den erwarteten Massensprint. Der Belgier war

06.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 3. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

06.05.2024In Frankfurt und in Vorarlberg gab es wenig zu holen

(rsn) - Die deutschen KT-Teams hatten in dieser Woche ein volles Rennprogramm. Doch die erhofften Erfolge sprangen dabei gegen die internationale Konkurrenz nicht heraus.Die ereignisreichste Woche ha

06.05.2024Milan: “Wenn man das Trikot einmal hatte, will man es wieder“

(rsn) – So spät kommen die Sprinter selten bei einer Grand Tour zum Zug. Die heutige 3. Etappe bietet die erste Chance für die schnellen Männer, um einen Etappensieg zu kämpfen. Einfach wird es

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)