--> -->
09.01.2024 | (rsn) - Im Omnisport in der niederländischen Stadt Apeldoorn findet von Mittwoch bis Sonntag die 14. Austragung der Europameisterschaften auf der Bahn statt. Vor einem Jahr in Grenchen waren die deutschen Athletinnen und Athleten die erfolgreichste Nation bei den Titelkämpfen, aber siebenmal Gold, einmal Silber und fünfmal Bronze werden 2024 nur sehr schwer zu wiederholen sein.
Die größten Hoffnungen auf Siege ruhen auf den Schultern der Sprinterinnen um Lea-Sophie Friedrich, Pauline Grabosch und Emma Hinze. Dennoch ist die Konkurrenz für die Aushängeschilder und Erfolgsgaranten des deutschen Radsports der letzten Jahre sehr stark. So warten Gegnerinnen wie die letzten beiden Sprint-Weltmeisterinnen Mathilde Gros (2022) und Emmu Finucane (2023). Friedrich ist aber nicht nur im Sprint die Titelverteidigerin, sondern auch im Keirin. Im 500-Meter-Zeitfahren gewann im letzten Jahr Hinze den Titel bei den Europa- als auch den Weltmeisterschaften und im Teamsprint ist das deutsche Trio das Maß der Dinge. Dort werden dann die Britinnen die gefährlichsten Gegnerinnen für die Deutschen sein.
Auch in der Einzelverfolgung ging der Europameistertitel 2023 mit Franziska Brauße an eine deutsche Fahrerin. Aber auch die Europameisterin von München 2022, Braußes Teamkollegin Mieke Kröger, hat ihren Fokus in diesem Winter schon voll auf die Bahn und das Einzelzeitfahren verlegt. Auch ihr ist ein absolutes Topergebnis in Apeldoorn zuzutrauen.
Gemeinsam führt das Duo die deutschen Verfolgerinnen an, bei denen mit Lisa Klein auch noch eine weitere Olympiasiegerin von Tokio dabei ist. Die Vormachtstellung der Weltrekordlerinnen ist aber seit ihrem Goldgewinn nicht mehr vorhanden, auch wegen des Rücktritts von Leaderin Lisa Brennauer. Mittlerweile sind die Britinnen, Französinnen sowie die Italienerinnen als größere Favoritinnen im Kampf um Medaillen einzuschätzen. Das deutsche Team nimmt in Apeldoorn nur die Rolle der Außenseiterinnen ein.
In den Ausdauerdisziplinen wird vor allem ein hartes Duell von Lotte Kopecky und der Britin Katie Archibald, die vor einem Jahr in Grenchen drei Goldmedaillen (Vierer, Madison und Omnium) gewann, erwartet. Die beiden so überlegenen Fahrerinnen auf der Bahn in den letzten Jahren werden sich die Medaillen, sofern sie auch in allen Disziplinen an den Start gehen, untereinander aufteilen. Aber durch den engen Zeitplan werden auch Fahrerinnen wie die Norwegerin Anita Stenberg, die Portugiesin Maria Martins, beide Titelverteidigerinnen von Grenchen, oder die Polin Daria Pikulik versuchen, ihre Chancen zu nutzen. Im Madison der Frauen wird der Sieg über Großbritannien, Frankreich, Italien oder die Niederlande führen. Kopecky wird mit der erst 21-jährigen Katrijn De Clerq am Start stehen, nachdem ihre langjährige Partnerin Shari Bossuyt weiterhin wegen eines angeblichen Dopingvergehens suspendiert ist.
In den Sprintdisziplinen der Männer sind die Lokalmatadoren rund um Superstar Harrie Lavreysen die Anwärter Nummer eins auf die Goldmedaillen. Die größte Konkurrenz kommt mit Mateusz Rudyk aus Polen, im Keirin müssen die Oranje-Sprinter auch auf den Israeli Mikhail Yakovlev sowie die Franzosen Melvin Landerneau und Sebastien Vigier achten, die für ihr großes Karriere-Highlight, die Olympischen Spiele in Paris, ihre ansteigende Form präsentieren wollen.
Im 1.000-Meter-Zeitfahren musste Topfavorit Jeffrey Hoogland sich zuletzt bei den Niederländischen Meisterschaften Lavreysen geschlagen geben, was für den 30-Jährigen eine bittere Niederlage vor der Heim-EM war. Für den deutschen Sprinter Maximilian Dörnbach sollte das Zeitfahren die beste Chance auf ein Topergebnis sein. Im Teamsprint könnte es für ihn und seine Mannschaftskollegen auch um eine Medaille gehen, denn hinter den Niederlanden und Großbritannien sollte das deutsche Trio gegen Frankreich um Bronze kämpfen können. Auch für die Olympiaqualifikation ist ein gutes EM-Ergebnis wichtig, da die Deutschen aktuell nur auf dem siebten von acht Plätzen im Teamsprint-Ranking liegen. Knapp dahinter lauern die Polen, die 2023 aber nicht wirklich in dieser Disziplin überzeugen konnten.
In der Einzelverfolgung ist in Abwesenheit von Weltmeister Filippo Ganna dessen Finalgegner von Glasgow, der Brite Daniel Bigham, der große Favorit. Dessen Teamkollege und aktueller U23-Europameister Joshua Tarling wird auch nicht in Apeldoorn am Start stehen, was Tobias Buck-Gramcko eine Möglichkeit für ein Topergebnis bieten kann. Aufzupassen gilt es aber auch auf Jonathan Milan aus Italien und Ivo Oliveira aus Portugal.
In der Teamverfolgung sind vor allem die Dänen die großen Favoriten vor Italien und Großbritannien. Die Briten müssen ihren neunten Platz von Glasgow ausbügeln, denn durch einen Sturz verloren sie nicht nur die Medaillenchance, sondern büßten auch viele Punkte im Olympiaranking ein und sind zurzeit nicht für den Vierer in Paris qualifiziert. Da sieht es für den deutschen Vierer besser aus, allerdings braucht der für den Kampf um die Medaillen schon ein kleines Wunder, denn auch die Franzosen fahren derzeit eine Klasse besser als der BDR-Vierer.
Im Ausscheidungsfahren wurde Tim-Torn Teuteberg in Grenchen etwas überraschend Europameister und geht als Titelverteidiger in das Rennen. Sein Fokus sollte aber vor allem auf dem Omnium liegen, wo er bei den Olympischen Spielen in Paris ein möglicher Kandidat für den deutschen Startplatz ist, falls der BDR seinen Fokus vom Vierer auf die beiden Ausdauerdisziplinen verlegen sollte. Denn mit Theo Reinhardt und Roger Kluge stellte er in Grenchen auch die Europameister im Madison.
Das Duo hat aber, auch angesichts der noch laufenden Olympiaqualifikation, mit einem extrem starken Gegnerfeld zu rechnen, in dem Lasse Norman Leth und Michael Morkov, die Olympiasieger von Tokio, ihren wohl letzten großen gemeinsamen Auftritt haben werden. Zu den Mitfavoriten zählen aber auch die Belgier Robbe Ghys und Fabio Van den Bossche sowie die Niederländer Jan-Willem van Schip und Yoeri Havik. Auch für Österreich mit Felix Ritzinger und Maximilian Schmidbauer wird das Madison ein besonders wichtiges Rennen werden, liegen sie derzeit knapp außerhalb der Qualifikationsplätze für Paris und könnten in Apeldoorn auf ihre direkten Gegner wie die Tschechische Republik oder die Schweiz Punkte gutmachen.