--> -->
18.07.2024 | (rsn) - Im Sprinttempo verändert sich das deutsche Team Red Bull – Bora – hansgrohe, das seit dem Tour-Start um den neuen Hauptsponsor Red Bull finanziell enorm erweitert wurde. Flügel hat der neue Namensgeber dem World-Tour-Rennstall aber noch nicht verliehen. Zudem werden große Namen wie Emanuel Buchmann, Lennard Kämna, und Maximilian Schachmann das Team verlassen. Beginnt nun der große Umbau?
“So massiv wird der auch nicht“, schränkte Team-Manager Ralph Denk im Gespräch mit radsport-news.com vor dem Start der 18. Tour- Etappe in Gap ein. Wobei der Raublinger zugab: “Dass Kämna weggeht, tut uns weh und ist schade. Ich habe megaviel Effort reingesteckt, damit Lenny sich bei uns wohlfühlt. Und auch im Recovery-Prozess war unsere Medizinabteilung mega, da hat auch schon Red Bull einen großen Einfluss ausgeübt. Trotzdem hat er sich für was anderes entschieden. So ist das Leben!“
___STEADY_PAYWALL___Damit widersprach Denk indirekt Gerüchten, wonach Kämnas Werte nach dem schweren Trainingsunfall nicht gut genug für eine Weiterverpflichtung gewesen seien. “Wir machen keinen Hehl daraus, dass wir Lenny gerne gehalten hätten“, betonte er.
Lennard Kämna wird nach fünf Jahren Red Bull – Bora – hansgrohe verlassen. | Foto: Cor Vos
Die Fälle Buchmann und Schachmann seien etwas anders gelagert. “Sie haben tolle Erfolge für uns eingefahren, wofür wir auch mega dankbar sind: Max zwei Mal Gesamtsieger von Paris-Nizza, Emu einmal Vierter der Tour – jeder flippte damals aus, ein neuer Jan Ullrich. Dazu jeweils Dritter bei der Baskenland-Rundfahrt und der Dauphiné. Beide hatten genügend Chance, diese Erfolge zu bestätigen. Doch sie haben sie nicht bestätigt. Und aus diesem Grund haben wir gesagt, vielleicht ist für beide Parteien eine Luftveränderung besser“, erklärte der Raublinger relativ emotionslos.
Zu strahlen begann er allerdings, als das Gespräch auf Florian Lipowitz kam, der in diesem Jahr als Gesamtdritter der Tour de Romandie ins Rampenlicht rückte. “Dass wir Lipowitz haben, ist mega. Den habe ich ja gefunden und Dan Lorang hat auch geholfen“, erzählte Denk stolz, um dann etwas auszuholen: “Florian rief an, ob er mal zum Mittagessen vorbeikommen könne, er wolle Rad-Profi werden.“ Der Teamchef staunte nicht schlecht, als Lipowitz tatsächlich mit dem Rad die 100 Kilometer aus dem Ski-Gymnasium angefahren kam. “Und nach dem Bewerbungsgespräch fuhr er die 100 km wieder zurück. Das ist wirklich eine geile Story.“
Der Vertrag mit dem zweimaligen Deutschen Meister wurde von den Raublingern nicht verlängert. | Foto: Cor Vos
Die sorgte für so viel Eindruck, dass Denk ihn unter seine Fittiche nahm. “Wir haben ihm dann geholfen, dass er beim Team Tirol einen Platz bekommt und die haben dann gute Arbeit mit ihm gemacht und dann kam er zu uns. Wir sind schon froh, dass er hier so einen Aufstieg hat. Wir werden das behutsam fortsetzen“, sagte Denk, der den 23-jährigen Lipowitz als eine Art Blaupause für den Umbau des Teams sieht.
Ihm geht es um junge, talentierte Fahrer, die den Durchbruch schaffen können. “Wir haben auch noch einen Emil Herzog, bei dem auch noch was geht und den Paul Fietzke“, zählte er weitere Talente auf, die schon bei ihm unter Vertrag stehen: Herzog bereits im Profiaufgebot, Fietzke noch im U19-Team Grenke – Auto Eder.
“Nicht jeder hat verstanden, weshalb wir 2017, als wir WorldTour-Team geworden sind, nicht Kittel, Degenkolb und Greipel oder Tony Martin geholt haben. Wir haben stattdessen auf Ackermann, Buchmann und Schachmann gesetzt – und alle drei sind ja mega bei uns gefahren. Ich glaube, dass man immer einen Schritt voraus sein muss, und deshalb schauen wir jetzt nach Lipo und Herzog und vielleicht auf Fietzke“, erklärte Denk weiter.
Und nach anderen Talenten, die bislang noch unter dem Radar fahren, aber ein enormes Entwicklungspotenzial haben, wie einst Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) oder Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike), die seit fünf Jahren den Tour-Sieg unter sich ausmachen.
“Ich glaube, das ganze Peloton sucht nach dem nächsten potenziellen Toursieger, der muss ja schon hier irgendwo rumlaufen“, meinte Denk. “Ob wir den kriegen? Wird schwierig, dafür müssen wir dann aber in der U23 oder der U19 dabei sein, das ist das Wichtigste für uns“, erklärte er die Vorgehensweise seines Rennstalls. “Deshalb werden wir nicht die ganz großen Neuverpflichtungen tätigen“, so Denk, der die Verpflichtung von Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) definitiv ausschloss, sollte er den aktuell Drittplatzierten der Tour aus dessen noch bis 2026 laufenden Vertrag herauskaufen müssen.
Emanuel Buchmann trug seit 2015 das Trikot der Raublinger – auch er wird Red Bull – Bora – hansgrohe am Ende der Saison verlassen. | Foto: Cor Vos
“Wenn mal einer sagt, er will unbedingt bei uns fahren und er kauft sich selbst raus, dann können wir das diskutieren, aber wir machen das nicht. Remco hat ja dort noch Vertrag“, erklärte Denk, der noch einen Grund nannte, warum Evenepoel ganz besonders mit Soudal - Quick-Step verbunden ist. “Und man darf nicht vergessen, Remco hat einen Riesen Asset für das Team. Das strauchelte ja immer mal wieder finanziell. Aber wenn Remco weg wäre, wäre es ganz schwierig. Also kein Thema“, kann er sich nicht vorstellen, dass Evenepoel von sich aus die belgische Equipe verlassen könnte.
Durch den neuen Sponsor Red Bull haben die Raublinger mehr Gestaltungsspielraum. Hieß es bislang: entweder Gesamtwertungs- oder Klassikerteam, ist nun wieder beides möglich. “Wir werden für das Klassiker-Team Transfers haben, die sehr jung sind und noch Luft nach oben haben. Die Klassiker werden wieder mehr in unseren Fokus rücken als es jetzt der Fall ist“, verriet Denk, der sich aber noch bedeckt hielt: “Vor dem 1. August kann ich keine Namen nennen.“
An diesem 1. August, dem ersten Tag, an dem Transfers offiziell getätigt werden dürfen, wird es Neuigkeiten von Red Bull – Bora – hansgrohe geben. Man merkte, wie sehr Denk diesem Tag entgegenfiebert, an dem er die Neuverpflichtungen nennen darf. Es scheinen gute Namen darunter zu sein. Nur nicht Remco Evenepoel!