Mit Zeitfahr-Rekord zurück ins Regenbogentrikot

Ausgerechnet bei der WM knackt Van Dijk “diese Marlen Reusser“

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Ausgerechnet bei der WM knackt Van Dijk “diese Marlen Reusser“"
Ellen van Dijk (rechts) hat Marlen Reusser (links) im WM-Zeitfahren von Brügge bezwungen. | Foto: Cor Vos

20.09.2021  |  (rsn) – Ellen van Dijk ist in diesem Spätsommer in der wohl besten Verfassung seit Jahren. Die Niederländerin hat eine Woche nach ihrem Sieg im EM-Straßenrennen von Trento das WM-Einzelzeitfahren in Brügge gewonnen und konnte ihr Glück anschließend kaum fassen. Mit Freudentränen in den Augen saß die 34-Jährige beim ersten Interview als zweifache Weltmeisterin.

"Ich hätte nicht gedacht, dass ich so emotional werde. Aber das war schon so lange mein Traum, nochmal diesen WM-Titel zu holen", strahlte die Zeitfahr-Weltmeisterin von Florenz 2013 und nun eben auch Brügge 2021, die in den vergangenen Jahren immer stark war, bei den größten Rennen abseits von Zeitfahren meist aber vor allem als Arbeitstier glänzte, seltener durch eigene Ergebnisse wie ihrem Sieg bei der Flandern-Rundfahrt 2014.

"Zeitfahren ist meine Lieblingsdisziplin. Ich liebe es von ganzem Herzen. Es fühlt sich einfach an, wie mein Ding. Und ich wusste auch, dass das ein guter Kurs für mich sein würde und habe alles hier reingesteckt. Dass es jetzt geklappt hat, ist wirklich die Erfüllung eines Traums", schwärmte sie nun.

Ein Traum, an dem sie angesichts ihrer starken Form in den vergangenen Wochen zwar festhielt, an dessen Erfüllung sie aber kaum zu glauben wagte. Denn so stark sie selbst etwa bei der Simac Ladies Tour oder den Europameisterschaften auch war, eine war immer stärker: "diese Marlen Reusser", so van Dijk lachend.

"Immer diese Marlen Reusser"

"Dieses Jahr hat sich alles immer so gut angefühlt, aber es war immer diese Marlen Reusser da, die so, so stark war. Ich wusste, dass ich auf einem wirklich guten Level bin, aber auch, dass sie supersuperstark ist. In den letzten Wochen hat sie mich in jedem Zeitfahren geschlagen. Deshalb wusste ich, dass es superschwer werden würde und ich das beste Zeitfahren aller Zeiten fahren musste."

Und genau das tat van Dijk zwischen Knokke-Heist und Brügge dann augenscheinlich auch. Die Niederländerin, die im ersten Startblock einsortiert worden war, weil die Fahrerinnen bei Weltmeisterschaften streng nach Nationen sortiert werden und die zweite Fahrerin eines jeden Verbandes daher sehr früh an der Reihe ist, brannte eine Fabelzeit auf den Parcours. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 50,377 km/h fuhr sie das schnellste WM-Zeitfahren in der Geschichte des Frauen-Radsports und deklassierte alle früh gestarteten Konkurrentinnen förmlich.

Die 1:30 Minute vor ihr gestartete Lisa Klein wurde bereits nach rund 20 Kilometern eingeholt und van Dijk war rund zwei Minuten schneller als alle vor ihr gestarteten – Klein wurde trotzdem sogar noch Siebte in der Endabrechnung!

Der Schlüssel zum Sieg war ein bärenstarkes Schlussdrittel

"Viele haben gesagt, dass es ein wirklich gutes Zeitfahren war und ich wusste auch, dass es gut war, aber eben nicht ob gut genug", sagte van Dijk nach dem Rennen und schilderte die knappe Stunde als Spitzenreiterin auf dem Hot Seat: "Es war ziemlich schrecklich. Als ich auf dem Hot Seat Platz nahm, war Annemiek noch nicht mal gestartet. Ich wusste wirklich nicht, wie gut meine Zeit war. Es war einfach nervenaufreibend, da zu sitzen."

Unterschiedliche Dinge gingen van Dijk durch den Kopf, doch Gewissheit konnte sie erst haben, als mit Reusser und Olympiasiegerin van Vleuten die letzten beiden Starterinnen und Top-Favoritinnen zur ersten Zwischenzeit nach 13,8 Kilometern kamen. "Als sie (Reusser) dann die bessere Zwischenzeit hatte dachte ich: Okay, sie ist wieder schneller", so van Dijk, die bei diesem Messpunkt 3,63 Sekunden hinter der Zeitfahr-Europameisterin aus der Schweiz lag. Immerhin blieb sie aber 12,98 Sekunden vor van Vleuten.

Auf den folgenden sieben Kilometern blieben die Abstände relativ konstant, doch es deutete sich schon leicht an, dass sich der Trend umkehren würde. Nach 20,8 Kilometern war Reusser nur noch 2,91 Sekunden schneller und van Vleuten nun 13,03 Sekunden langsamer als van Dijk. Und dann kam das Finale und van Dijk drehte auf, während Reusser die Kraft ausging.

Spätestens jetzt auch Top-Favoritin für Roubaix

11:14,80 Minuten brauchte die Niederländerin für die letzten 9,5 Kilometer und war auf dieser Distanz ganze 13,2 Sekunden schneller als die Schweizerin – das brachte Gold. "Ich sah, dass die Sekunden für sie heruntertickten und – ich kann es noch gar nicht glauben. Das war so lange mein Traum", strahlte van Dijk mit Freudentränen in den Augen, als sie den Moment nochmal Revue passieren ließ, in dem ihr klar wurde, dass sie Gold holen würde.

Und was kommt jetzt? Am Mittwoch fährt van Dijk gemeinsam mit Bronze-Medaillengewinnerin van Vleuten und der Neuntplatzieren Riejanne Markus die Mixed-Staffel. Am Samstag steht dann das Straßenrennen an, bei dem van Dijk wohl eher eine Helferrolle erfüllen dürfte, je nach Konstellation aber auch selbst wieder Siegchancen hätte – man denke nur ans EM-Straßenrennen von Trento. Und eine Woche danach ist van Dijk in ihrer aktuellen Verfassung und mit ihren Fähigkeiten auf dem Kopfsteinpflaster auch für ein ganz besonderes, erstmals ausgetragenes Rennen Top-Favoritin: Paris-Roubaix der Frauen.

Mehr Informationen zu diesem Thema

26.10.2021Stuyven: “Sein Gefolge sollte Remco manchmal bremsen“

(rsn) – Im belgischen Team sind die Folgen der bitteren Niederlage bei der Heim-WM von Flandern offensichtlich noch immer nicht ausgestanden. Nachdem Remco Evenepoel einige Tage nach dem Straßenren

05.10.2021Van Aert mit Evenepoels TV-Auftritt unzufrieden

(rsn) – Nach wie vor sind die Wogen noch hoch im belgischen Team nach der bitteren Niederlage bei den Straßenradweltmeisterschaften der Elite, wo für die großen Favoriten am Ende nur Platz vier d

30.09.2021Evenepoel glaubt: Er hatte die nötigen Beine für den WM-Titel

(rsn) – Remco Evenepoel hat in der belgischen Radsport-Talkshow Extra Time Koers über das WM-Straßenrennen vom vergangenen Sonntag gesprochen und dabei erklärt, dass er sich selbst den Titelgewin

27.09.2021Van der Poel fehlte in Leuven noch etwas Form

(rsn) – Mathieu van der Poel ist am Sonntag im WM-Straßenrennen von Leuven Achter geworden. Doch der Niederländer, der erst kurzfristig überhaupt seinen Start zugesagt hatte, weil er im Sommer la

27.09.2021Lefevere: Evenepoel ebnete Alaphilippe den Weg zum Titel

(rsn) – Während die belgischen Radsport-Fans und auch das Nationalteam am Sonntagabend enttäuscht konstatieren mussten, dass es weder mit dem Titel noch mit einer Medaille bei den Heim-Weltmeister

27.09.2021Asgreen rettete den Dänen das Rennen und Valgrens Podium

(rsn) – Im vorentscheidenden Moment der Weltmeisterschaften von Flandern war er nicht auf der Höhe – und doch durfte Michael Valgren in Leuven nach 268,3 Kilometern jubeln und auf dem Podium mit

27.09.2021Medaillenspiegel der WM 2021 in Flandern

(rsn) - Alle elf Wettbewerbe der Straßen-Weltmeisterschaften in Flandern sind absolviert. Zum Abschluss holte Julian Alaphilippe mit seinem Sieg im Rennen der Männer die ersehnte erste Goldmedaille

26.09.2021Alaphilippe: “Ich habe aufgehört zu denken und Vollgas gegeben“

(rsn) - Mehr als eine Million Fans standen am Sonntag bei den Weltmeisterschaften in Flandern am Straßenrand und hofften auf einen Heimsieg durch das starke belgische Team. Doch der Franzose Julian A

26.09.2021Van Aert: “Ich hatte nicht die Beine, um Weltmeister zu werden“

(rsn) - Mit dem in überragender Manier herausgefahrenen Sieg des Franzosen Julian Alaphilippe sind in Flandern die 88. UCI-Weltmeisterschaften zu Ende gegangen. Der Franzose setzte sich über 268 Kil

26.09.2021Ausgerechnet im WM-Finale ließen “die Freunde“ Politt im Stich

(rsn) - Das geliebte Kopfsteinpflaster kostete Nils Politt im WM-Straßenrennen den anvisierten Spitzenplatz. Der Hürther, als Zweiter von Paris-Roubaix ein Spezialist für derartige Schikanen, verlo

26.09.2021Alaphilippe stürmt wie in Imola als Solist ins Regenbogentrikot

(rsn) - Julian Alaphilippe hat den favorisierten Belgiern zum Abschluss der Weltmeisterschaften in Flandern einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht und mit einem fabelhaften Auftritt wie schon

26.09.2021Highlight-Video des WM-Straßenrennens der Männer

(rsn) - Julian Alaphilippe hat zum Abschluss der Weltmeisterschaften in Flandern auf überragende Art und Weise seinen Titel im Straßenrennen der Männer verteidigt. Der 29-jährige Franzose setzte s

Weitere Radsportnachrichten

10.05.2024Fällt der Stelvio beim Giro dem Schnee zum Opfer?

(rsn) – Die Überfahrt über das Stilfser Joch zu Beginn der 16. Etappe des Giro d´Italia am 21. Mai wackelt gewaltig. Das legt die italienische Nachrichtenagentur ANSA nahe, derzufolge es die aktu

10.05.2024Kette bremste O´Connor im Kampf gegen die Uhr aus

(rsn) – Platz elf im ersten Einzelzeitfahren des 107. Giro d´Italia: Auf dem Papier sah das für Kletterspezialist Ben O´Connor (Decathlon – AG2R) am Freitag zwischen Foligno und Perugia gar nic

10.05.2024Richtungsweisende Bergankunft im Apennin

(rsn / ProCycling) – In den vergangenen sieben Tagen blieb das Klettern, abgesehen von der 2. Etappe nach Oropa, bei jeder Etappe auf weniger als 2.000 Höhenmeter beschränkt. Am zweiten Samstag wi

10.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

10.05.2024Schachmann im “Schongang“ zum Spitzenergebnis

(rsn) - Schneller als Mikkel Bjerg, schneller als Antonio Tiberi oder Luke Plapp und auch schneller als Geraint Thomas – am Ende stand der fünfte Platz. Maximilian Schachmann (Bora – hangrohe) er

10.05.2024Fleche du Sud: Vorarlberg und Hrinkow bergauf bärenstark

(rsn) - Auch wenn auf der Königsetappe des Fleche du Sud (2.2) mit der 3,4 Kilometer langen und im Schnitt 7,2 Prozent steilen Bergankunft in Bourscheid kein Kraut gegen den Solosieger Pim Ronhaar (

10.05.2024Thomas: “Ich konnte es heute nicht ganz bringen“

(rsn) – Tadej Pogacar demonstrierte im ersten Zeitfahren seine herausragende Stellung bei diesem Giro d’Italia. Der Slowene holte am Schlussanstieg des Zeitfahrens zwischen Foligno und Perugia ein

10.05.2024Highlight-Video der 7. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) hat mit einem weiteren grandiosen Auftritt das erste der beiden Einzelzeitfahren des 107. Giro d’Italia (2.UWT) für sich entschieden. Der Träger des Ros

10.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 7. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

10.05.2024Pogacar gewöhnt sich ans Rad und zündet am Berg die Rakete

(rsn) – Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) hat auf der 7. Etappe des 107. Giro d’Italia seinen zweiten Tagessieg bei der diesjährigen Italien-Rundfahrt gefeiert. Im 40,6 Kilometer langen Einzelzei

10.05.2024Nys schnappt Buchmann ersten Saisonsieg vor der Nase weg

(rsn) – Emanuel Buchmann (Bora – hansgrohe) hat auf der Königsetappe der 45. Tour de Hongrie (2.Pro) denkbar knapp seinen ersten Saisonsieg verpasst. Der Deutsche Meister kam nach 182,7 Kilometer

10.05.2024Bredewold baut makellose Itzulia-Serie von SD Worx aus

(rsn) – Mischa Bredewold hat ihrem Team SD Worx – Protime einen grandiosen Auftakt zur 3. Itzulia Women (2.WWT) beschert. Die Europameisterin aus den Niederländerin entschied die 1. Etappe über

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • Tour de Hongrie (2.Pro, HUN)