RSNplusRoubaix-Traum endet im Drama

Degenkolb stürzt, weil van der Poel durch die Lücke drängt

Von Joachim Logisch und Peter Maurer (Roubaix)

Foto zu dem Text "Degenkolb stürzt, weil van der Poel durch die Lücke drängt"
John Degenkolb (DSM) im Ziel des 120. Paris-Roubaix | Foto: Cor Vos

09.04.2023  |  (rsn) - Im Bruchteil einer Sekunde platzte der Traum von John Degenkolb (DSM) auf den zweiten Sieg bei Paris-Roubaix nach 2015. Sein Rad rutschte 18 Kilometer vor dem Ziel zur Seite weg und der Oberurseler knallte auf den Rasenstreifen rechts neben den Pflastersteinen des viertletzten Sektors Carrefour de l’Abre.

Degenkolb rappelte sich zwar wieder auf und erreichte als Siebter das Velodrome, wo er mit Standing Ovations gefeiert wurde. Doch das konnte ihn in keiner Weise trösten. Denn neben dem späteren Sieger Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) und dem Dritten Wout Van Aert (Jumbo – Visma) war der 34-Jährige aussichtsreicher Kandidat auf eine Podiumsplatzierung.

___STEADY_PAYWALL___

Vor dem Rennen bezeichnete John Degenkolb (DSM) Mathieu van de Poel (Alpecin – Deceuninck) und Wout Van Aert (Jumbo – Visma) noch als die “Außerirdischen“. | Foto: Cor Vos

“Dass es eine große Enttäuschung ist, brauche ich nicht zu erklären. Ich war lange mit dabei, ich habe mich gut gefühlt, bin ein cleveres Rennen gefahren und war immer auf der Höhe. Mehr gibt’s dazu im Moment nicht zu sagen, mir fehlen gerade ein bisschen die Worte, ich bin enttäuscht“, erklärte Degenkolb im Ziel, schon den Tränen nah.

Degenkolb enttäuscht: “Ich muss das erst mal sacken lassen“

“Ich war an der Seite der Kopfsteinpflastersteine, Jasper Philippsen war noch vor mir. Er wollte dann auch nach rechts rüber ziehen. Ich war in diesem Moment dabei, ihn zu überholen. Plötzlich kam van der Poel, ich weiß auch nicht woher, und hat sich noch dazwischengedrängt. Da war kein Platz mehr. Ich will auch nicht mit dem Finger auf einen zeigen oder irgendetwas sagen. Ich muss das erst mal sacken lassen“, schilderte Degenkolb die entscheidende Szene aus seiner Sicht. “Ein Rennunfall“, urteilte bei der Eurosport-Übertragung Ex-Sprinter Robbie McEwen , ein Unfall, für den keiner etwas kann. Man kann das so sehen.

Im Rennen begegnete Degenkolb den Top-Favoriten dann aber auf Aufgenhöhe. | Foto: Cor Vos

Die Frage ist aber, ob van der Poel an dieser Stelle wirklich nach vorne durchstechen musste? Er muss gesehen haben, dass Degenkolb auf dem Seitenstreifen immer wieder Zuschauern ausweichen musste und deshalb auch in Schlangenlinien immer wieder links rüber kam. Eine wirklich offene Lücke gab es nicht. Degenkolb konnte den Niederländer nicht sehen, als der plötzlich von hinten angeschossen kam.

Der DSM-Kapitän versuchte noch, mit der Schulter gegen den van der Poel zu halten, doch dabei rutschte ihm das Rad auf dem sandigen Untergrund weg. Van der Poel hatte Glück, blieb ungeschoren und konnte wenige Meter später Van Aert hinter sich lassen, der nach einer Attacke wegen eines Hinterradplattens stoppen musste. Das 120. Paris-Roubaix war entschieden. Wie Degenkolb 2015, so gewann van der Poel Mailand-Sanremo und Paris-Roubaix in einem Jahr.

Auf Augenhöhe mit den“Außerirdischen“

Der Deutsche war bis dahin ein starkes und vor allem kluges Rennen gefahren. Er schaffte den Sprung in die Favoritengruppe, die kurz nach dem Wald von Arenberg die Führung übernommen hatte. An der Spitze der Favoriten fuhr er dann auf den Sektor 17, der seinen Namen trägt. “Das war ein unfassbar geiler Moment, den ich immer in Erinnerung behalten werde. Das Rennen bedeutet mir so viel. Dort mit den richtig großen Leuten als erster reinzufahren, war fantastisch“, schilderte er diesen Höhepunkt.

Der Roubaix-Sieger von 2015 überzeugte durch eine clevere Vorstellung und hielt sich immer an den vorderen Positionen, hier vor Mads Pedersen (Trek – Segafredo). | Foto: Cor Vos

Degenkolb hielt sich ständig weit vorne auf, zeitweise auch im mächtigen Windschatten des 1,93 Meter großen zweimaligen Zeitfahrweltmeisters Filippo Ganna (Ineos Grenadiers). Als der Italiener an einer Welle eine kleine Lücke ließ, die der Deutsche wieder zufahren musste, hielt Degenkolb sich an den ebenfalls starken Ex-Weltmeister Mads Pedersen (Trek – Segafredo) sowie an die Topfavoriten van der Poel und Van Aert, die er im Vorgespräch noch als die “Außerirdischen“ bezeichnet hatte.

Nun hielt er auf Augenhöhe mit ihnen mit. “Ich kenne kein Rennen so gut wie das hier, es liegt mir einfach. Das hat mir geholfen, dabei zu sein“, erklärte er seine Topleistung. "Ich bin ein gutes Rennen gefahren“, endete Degenkolb mit tränenerstickter Stimme. Eine Leistung, die nicht belohnt wurde…

Mehr Informationen zu diesem Thema

07.04.2024Pedersen: “Ich bin wieder bei 100 Prozent“

(rsn) – Es ist das Highlight der Frühjahresklassiker, das Rennen über die Pflastersteine von Paris nach Roubaix. 260 schwere Kilometer warten am Sonntag und die große Frage ist, ob Alpecin – De

27.03.2024Van Aert erleidet beim Dwars-Crash multiple Brüche

(rsn) – Die Ronde van Vlaanderen wird am Sonntag ohne ihren großen Lokalmatador Wout Van Aert (Visma – Lease a Bike) über die Bühne gehen. Der 29-jährige Belgier war am Mittwoch bei Dwars doo

11.04.2023Van Baarles Frühjahr endet schmerzhaft auf dem Roubaix-Pavé

(rsn) – Mit seinem Triumph beim Omloop Het Nieuwsblad (1.UWT) feierte Dylan van Baarle einen perfekten Einstand bei seinem neuen Team Jumbo – Visma. Doch in der dann folgenden Klassikerkampagne li

11.04.2023Sagan zieht sich bei Roubaix-Sturz Gehirnerschütterung zu

(rsn) – Bereits auf dem zweiten der 29 Sektoren war am Ostersonntag Peter Sagans neuntes und letztes Paris-Roubaix (1.UWT) rund 150 Kilometer vor dem Ziel beendet. Der Gewinner der Ausgabe von 2018

11.04.2023Lefevere: “Als würde jemand mit uns Voodoo spielen“

(rsn) – Das Team Soudal Quick-Step gehört mit 16 Tagessiegen und zwei Klassementerfolgen zu den besten Mannschaften des Frühjahrs. Doch ausgerechnet bei den Paraderennen Flandern-Rundfahrt (1.UWT)

10.04.2023Bora - hansgrohe bei Paris-Roubaix weit hinter den Erwartungen

(rsn) – Während John Degenkolb (DSM) und Max Walscheid (Cofidis) mit ihren Plätzen sieben und acht bei Paris-Roubaix die deutschen Farben hochhielten, blieb das einzige WorldTeam aus der Bundesrep

10.04.2023Degenkolb stellt klar: “Es war ein Rennunfall“

(rsn) – Paris-Roubaix (1.UWT) endete für John Degenkolb mit Platz sieben nicht so gut wie erhofft– und tragisch. Der DSM-Kapitän gehörte 18 Kilometer vor dem Ziel noch zur Spitzengruppe mit all

10.04.2023Starke Teamleistung half van der Poel in Roubaix

(rsn) – Er war der große Favorit. Am Ende erfüllte Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) die Erwartungen als Sieger auf dem Podium von Paris-Roubaix. Dank der perfekten Vorarbeit seiner Te

10.04.2023Sieben Antworten von Paris-Roubaix

(rsn) – Das Oster-Wochenende stand ganz im Zeichen von Paris-Roubaix. Die 3. Auflage des Frauenrennens endete mit einem Sensationspodium, auch deshalb, weil die Favoritinnen bei ihrer Aufholjagd dur

10.04.2023Rex: “Van der Poels Tempo hat mich gekillt“

(rsn) - Laurenz Rex (Intermarché - Circus - Wanty) gehört zu einer Minderheit von rund 60.000 deutschsprachigen Belgiern . Der im hessischen Marburg geborene Rex lebt in Raeren nahe der deutschen

09.04.2023Walscheid erreicht in Roubaix ein Lebensziel

(rsn) - Bei der verregneten Ausgabe von Paris-Roubaix 2021, die aufgrund der Corona-Pandemie damals im Oktober stattfand, landete Max Walscheid (Cofidis) auf dem 12. Rang. Dieses Ergebnis konnte er nu

09.04.2023Van der Poel: “Das ist meine beste Klassikersaison überhaupt“

(rsn) – Das 120. Paris-Roubaix (1.UWT) lieferte bei besten äußeren Bedingungen die erwarteten spektakulären Bilder und sportliche Dramen: Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) holte sich

Weitere Radsportnachrichten

17.05.2024Unschlagbar? Michael Schär erklärt Milans Sieg-Geheimnis

(rsn) - Jonathan Milan drückt den Massensprints auch dank der fein abgestimmten Vorarbeiten seiner Teamkollegen den Stempel bei diesem Giro d’Italia auf. Das weiß der lange Mann aus einem Bergdor

17.05.2024Arbeitslos, verletzt und nun die Nummer zwei im Sprint

(rsn) – Als im vergangenen Herbst das US-amerikanische Team Human Powered Health bekannt gab, dass es 2024 keine Lizenz mehr lösen und eingestellt wird, gehörte der Pole Stanislaw Aniolkowski zu

17.05.2024Bauhaus sicher im Wind und happy mit Rang drei

(rsn) – Es will noch nicht ganz klappen mit dem ersten Sieg bei einer dreiwöchigen Landesrundfahrt für Phil Bauhaus (Bahrain Victorious), doch in Cento landete der 29-Jährige bei der aktuellen A

17.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

17.05.2024Ein schnelles Einzelzeitfahren am Gardasee

(rsn / ProCycling) – Acht Tage nach dem ersten ist es nun Zeit für das zweite und letzte Zeitfahren dieses Giro. Es ist etwas kürzer und etwas weniger anspruchsvoll als der erste Kampf gegen die U

17.05.2024Highlight-Video der 13. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Die vierte und die elfte Etappe hatte sich Jonathan Milan (Lidl – Trek) bereits gesichert, am Freitag schlug der Italiener dann beim 107. Giro d’Italia zum dritten Mal zu. Nachdem er zun

17.05.2024Consonni: “Es war unglaublich, das Team war unglaublich“

(rsn) - Am Ende war die 13. Etappe des Giro d´Italia von Riccione nach Cento der Tag der Sprinter - oder besser gesagt: der Tag des Sprinters. Denn zum dritten Mal bei dieser Ausgabe war der Italiene

17.05.2024ProCycling: Das offizielle Sonderheft zur Tour de France 2024

Keine sechs Wochen dauert es mehr bis zum Start des größten Radrennens der Welt. Am 29. Juni beginnt die 111. Tour de France in Florenz, und schon jetzt verspricht die Rundfahrt Hochspannung vom ers

17.05.2024Pokernder Vangheluwe verjubelt fast den ersten Profisieg

(rsn) – Warre Vangheluwe (Soudal – Quick-Step) hat auf der 4. Etappe der Vier Tage von Dünkirchen (2.Pro) seinen ersten Profisieg gefeiert. Nach 167 Kilometern zwischen Mazingarbe und Pont-à-Mar

17.05.2024Felbermayr: Erst abgeräumt worden, dann die Etappe abgeräumt

(rsn) - Das Team Felt - Felbermayr hat die Königsetappe der Tour of Hellas (2.1) dominiert. So gewann der Österreicher Riccardo Zoidl nach 158 Kilometern an der schweren Bergankunft Velouchi in kna

17.05.2024Milan sprintet zum Giro-Hattrick, Bauhaus Dritter

(rsn) - Jonathan Milan (Lidl - Trek) ist endgültig der dominierende Sprinter bei diesem Giro d’Italia. Auf der 13. Etappe über 179 Kilometer zwischen Riccione und Cento feierte der Italiener berei

17.05.2024Kockelmann lässt Luxemburg und Lotto - Kern Haus jubeln

(rsn) - Mathieu Kockelmann hat beim Orlen Nations GP (2.NC) die Luxemburgische U23-Nationalmannschaft und auch Lotto - Kern Haus - PSD Bank jubeln lassen. Der 20-Jährige, der bei der Koblenzer Equip

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)
  • Radrennen Männer

  • 4 Jours de Dunkerque / Grand (2.Pro, FRA)
  • Tour d´Algérie (2.2, DZA)
  • Tour of Hellas (2.1, GRE)
  • Tour of Sakarya (2.2, TUR)