RSN-Frauen-Rangliste, Platz 4: Doris Schweizer

Ein schwieriges letztes Jahr in Italien mit tollem Schlusspunkt

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Ein schwieriges letztes Jahr in Italien mit tollem Schlusspunkt"
Doris Schweizer (Astana-BePink) | Foto: Cor Vos

01.01.2015  |  (rsn) – Drei Jahre ist Doris Schweizer nun bei italienischen Teams gefahren. Sie machte dort viele gute Erfahrungen und lernte einiges – vor allem von Noemi Cantele, wie sie selbst betont.

Doch nach der Saison 2014 ist Schluss, Schweizer kehrt in ihre Heimat zurück: zum Team Bigla, für das sie bereits vor fünf Jahren fuhr. „Die Partnerschaft mit Astana brachte in unser Team vor allem viel Unruhe“, schreibt Schweizer auf ihrer Homepage über eine durchwachsene Saison bei Astana-BePink – nur ein Jahr nachdem sie bei BePink mit Teamchef Walter Zini noch sehr glücklich gewesen war.

Dabei hatte die Saison 2014 so gut begonnen. Schweizer legte ein langes Trainingslager in Südamerika ein und fuhr mit dem Team die Vuelta Costa Rica sowie die Vuelta El Salvador und drei weitere Eintagesrennen. Beide Rundfahrten beendete sie als Edelhelferin der Weißrussin Alena Amialiusik in den Top Ten.

„Ich hatte in Südamerika eine super Form, wahrscheinlich meine beste bisher. Außerdem liegen mir die Temperaturen von teilweise über 40 Grad und die Topographie“, freut sich Schweizer im Rückblick mit radsport-news.com über ihren guten Saisonauftakt, der auch mit einer positiven Grundstimmung einherkam. „Südamerika war wie ein Traum. Ich fühlte mich dort zuhause.“ Sie sei mit der Kultur auf Anhieb vertraut gewesen und will deshalb im kommenden Jahr wieder hinreisen.

Allerdings zog sich Schweizer dort auch einen Magen-Darm-Virus zu, der sehr lange in ihrem Körper blieb, weil sie vom Team keine Zeit bekam, sich auszukurieren. Das ganze Frühjahr war deshalb ein einziges Desaster. „Im Mai war bei mir ‚Game Over‘. Ich habe mich gefragt, warum ich nicht einfach an die Uni gehe“, so Schweizer, die außerdem lange auf ihren Lohn wartete, sich dann aber doch fürs Weitermachen entschied und ihre Form neu aufbaute. Allerdings fiel zu dieser Zeit bereits der Entschluss, Astana-BePink zum Saisonende zu verlassen.

Bei den Staatsmeisterschaften Ende Juni schien Schweizer wieder ganz die Alte zu sein – auch wenn weder das Zeitfahren noch das Straßenrennen mit einem Sieg endeten. „Das gesamte Feld hing die ganze Zeit nur an meinem Hinterrad“, schildert sie den Verlauf der Meisterschaften, die sie gemeinsam mit Mirjam Gysling und der Mountainbikerin Linda Indergand in einem Spitzentrio beendete, aus dem heraus sie im Sprint nur auf Rang drei kam. „Ich habe alles versucht und bin überzeugt, dass ich fast alles richtig gemacht habe“, so Schweizer, die dem Sprint gerne aus dem Weg gegangen wäre. „Darum denke ich, dass ich den Titel mit Würde abgegeben habe.“

Eine Woche später startete Schweizer in Caserta zum Giro d’Italia und verlor dort bereits im nächtlichen, zwei Kilometer langen Prolog als Letztplatzierte nach einem Defekt 1:40 Minute. Einen Tag später büßte sie weitere zwölf Minuten ein und spielte folglich in der Gesamtwertung keine Rolle mehr. Allerdings war das auch gar nicht geplant, denn Schweizer startete einmal mehr als Helferin für Amialiusik. Als in den Bergen dann aber deutlich wurde, dass die Weißrussin nicht bei den Besten mitfahren konnte, ärgerte sich die Schweizerin, dass sie keine freie Fahrt bekam, obwohl sie sich teilweise sogar stärker fühlte als ihre Kapitänin. „Unsere Teamtaktik war festgefahren“, meint sie. „Wir hätten viel mehr aus unseren Möglichkeiten machen können.“

Entsprechend angestachelt und mit dem „Messer zwischen den Zähnen" fuhr Schweizer drei Tage später nach Frankreich: „Am vorletzten Tag des Giros hat die Teamleitung Fahrerinnen für die Bretagne gesucht, und ich habe mich spontan gemeldet, weil ich da meine große Chance sah.“ Dort wollte sie unbedingt etwas erreichen und attackierte nach Platz elf im Prolog auf der 1. Etappe von Beginn an - mit Erfolg. Nach der ersten Bergwertung setzte sie sich mit zwei anderen Fahrerinnen vom Feld ab und löste sich schließlich bereits rund 50 Kilometer vor dem Ziel von ihren Begleiterinnen. Auf dem finalen Rundkurs kam das Feld immer näher, aber Schweizer behielt um elf Sekunden die Nase vorn und übernahm mit dem Tagessieg auch das Gelbe Trikot.

„Ich musste wirklich an meine Grenzen gehen, und wenn das dann reicht, ist es mit einem Sprintsieg nicht zu vergleichen…“, so die 25-Jährige rückblickend über das erste sportliche Hochgefühl seit Monaten. „Dass mir Elisa Longo Borghini sehr herzlich gratuliert hat, obwohl ich ihr das Trikot abgenommen hatte, war ein sehr schönes Erlebnis.“

Und die Saison hielt noch ein weiteres Highlight bereit: die Weltmeisterschaften in Ponferrada, genauer gesagt deren ersten Tag. Im Mannschaftszeitfahren nämlich gelang Astana-BePink eine kleine Sensation, als die Italienerinnen vom Sturzpech der Rabobank-Equipe profitierten und sich sensationell die Bronze-Medaille sicherten. „Für mich ist diese Medaille extrem wertvoll“, erklärt Schweizer. „Ich musste das ganze Jahr für andere arbeiten und teilweise auch meine Siegchancen wegwerfen. Das war der Lohn für all das.“

Das Edelmetall von Ponferrada stellt nun also den versöhnlichen Abschluss eines schwierigen Jahres dar, an dessen Ende nicht nur Schweizer Astana-BePink verlässt, sondern sich auch Astana und BePink wieder trennen und 2015 mit unterschiedlichen Teams starten. Bei Zini und BePink zu bleiben, war schließlich aber kein Thema mehr, denn Schweizer fand bereits im August ihren neuen Arbeitgeber für 2015. „Nachdem ich mich im Mai für einen Wechsel entschieden hatte, war ich mit vielen Teams in Kontakt und bekam im August das Angebot von Bigla. Das Projekt hat mich sofort überzeugt“, erzählt sie.

Während ihres ersten Bigla-Gastspiels war der Rennstall noch völlig anders aufgestellt, agierte damals nicht auf UCI-Level – und selbst mit dem Bigla-Team von 2014 hat das von 2015 so gut wie nichts mehr gemein. „Teamleitung und Staff wurden komplett ausgetauscht“, erklärt Schweizer. Bis auf Vera Koedooder und Lotta Lepistö mussten auch alle bisherigen Fahrerinnen gehen.

Schweizer sieht beim neu formierten Heim-Team nun eine große Chance, weil sie von Teamchef Thomas Campana mehr Freiheiten versprochen bekam. „Bei uns wird es keine klar definierte Leaderin geben. Jede bekommt ihre Chance, unabhängig von ihren Palmarès“, hofft sie.

Weiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößernWeiteres Foto - mit Klick vergrößern

Mehr Informationen zu diesem Thema

06.01.2015Den Turbo gezündet und steil nach oben durchgestartet

(rsn) – Die Fäuste auf den Armlehnen des „Hot Seat“ abgelegt, die Augen geschlossen und den Kopf leicht im Nacken: Lisa Brennauer beißt sich auf die Unterlippe und scheint für eine Sekunde ni

05.01.2015Schwarzer Schleier über einem sportlich erfolgreichen Jahr

(rsn) – Als Claudia Lichtenberg von der Dopingkontrolle zum Parkplatz im Zielbereich der Deutschen Zeitfahrmeisterschaften in Baunatal zurücklief, war sie ruhig und gefasst, beantwortete geduldig a

03.01.2015Ohne Sieg und trotz 17-Tage-Marathon zum dritten WM-Titel

(rsn) – Seit mehr als einem Jahrzehnt gehört Trixi Worrack zur Weltspitze, und seit mehr als einem Jahrzehnt gab es in jeder Saison mindestens einen Einzelsieg für die 33-Jährige. Doch in den ver

30.12.2014Stück für Stück den Spaß am Radfahren wiedergefunden

(rsn) - So ganz die Alte ist Charlotte Becker noch nicht, doch die inzwischen 31-jährige Wahl-Berlinerin wähnt sich auf einem guten Weg und scheint damit auch gar nicht so falsch zu liegen. Nach ein

29.12.2014Dem verkorksten Frühjahr folgte ein toller Sommer

(rsn) – Im Winter ist Cross-Zeit, das gilt auch für Christine Majerus. Die Luxemburgerin beginnt dieser Tage mit ihrer Vorbereitung für die Weltmeisterschaften Ende Januar, hat aber auch schon vie

28.12.2014Trotz 30-Stunden-Woche zum ersten UCI-Sieg

(rsn) – Echte Vollprofis findet man im Frauen-Peloton wenige. Fast alle Fahrerinnen müssen zusätzlich zum Sport Geld verdienen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Mit ihrer 30-Stunden-Woche b

27.12.2014Zeitfahr-Ass schafft den internationalen Durchbruch

(rsn) – Damit hätte sie in ihren kühnsten Träumen nicht gerechnet: Als Mieke Kröger am Stadtrand von Ponferrada über den Zielstrich fuhr und anhand der Länge der Speichelfäden, die aus ihrem

26.12.2014Für das Arbeitstier geht auch ein persönlicher Traum in Erfüllung

(rsn) - Keinen Namen hörte man über die Lautsprecher im Zielbereich bei den Deutschen Meisterschaften in Baunatal häufiger als den von Romy Kasper. Auch wenn die 26-Jährige am Ende mit leeren Hän

25.12.2014Mit klaren Zielen zum Brunnenbad in Schmölln

(rsn) – Es war brütend heiß an diesem 19. Juli in Schmölln, und da kam der Brunnen nahe der Ziellinie gerade recht: Beate Zanner sprang bei 35 Grad in voller Montur ins kalte Nass, um sich nach e

24.12.2014Krankheitspech und ein unglücklicher Rennkalender

(rsn) – Eigentlich hätte der Wechsel zum Team Bigla der Karriere von Elke Gebhardt noch einmal einen richtigen Schub verleihen sollen. Bei der Schweizer Mannschaft durfte sich die Freiburgerin zu S

23.12.2014Der letzte Sprint führt in Richtung Referendariat

(rsn) – Als sie auf der Pressekonferenz nach den Deutschen Meisterschaften in Baunatal neben Lisa Brennauer und Trixi Worrack Platz nahm, strahlte Martina Zwick. „Mega zufrieden“, sei sie mit de

22.12.2014Nach Neustart im Meistertrikot auf die Champs-Élysées

(rsn) – Am 28. Juni durfte Jacqueline Hahn in Grafenbach jubeln: Die damals noch 22-jährige Innsbruckerin wurde im Sprint einer achtköpfigen Gruppe Österreichische Meisterin. „Das bedeutet mir

Weitere Radsportnachrichten

05.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 2. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

05.05.2024Narvaez sorgt für die nächsten rosa Träume in Ecuador

(rsn) – Fünf Jahre ist es her, dass Richard Carapaz das Radsportland Ecuador mit seinem sensationellen Gesamtsieg beim Giro d´Italia in Rosa gehüllt hat. Nun feiern die Nachbarn der Kolumbianer i

05.05.2024Erste Bergankunft im Zeichen von Pantani

(rsn / ProCycling) – Wie bereits der gestrige Auftakt ist auch diese 2. Etappe verhältnismäßig kurz. Im Gegensatz zu den Vorjahren entschied sich der Veranstalter RCS in der ersten Hälfte der Ru

05.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morg

04.05.2024Zocker Schachmann eröffnet den Giro mit Bravour

(rsn) - Im Ziel in Turin war Maximilian Schachmann (Bora – hansgrohe) von den Emotionen überwältigt. Natürlich war er sauer, dass er zum Auftakt des Giro d’Italia so knapp am Rosa Trikot vorbei

04.05.2024Arensman und Bardet müssen schon sehr früh Federn lassen

(rsn) – Riesig waren die Abstände unter den besten Kletterern des Giro d´Italia auf der 1. Etappe rund um Turin nicht. Und doch dürfte das Thema ´Podium in Rom´ für vier Protagonisten nach den

04.05.2024Pogacar verpasst Rosa, setzt aber eine erste Duftmarke

(rsn) – Tadej Pogacar hat mit seinem UAE Team Emirates alles getan, um schon am ersten Tag des 107. Giro d´Italia das Maglia Rosa zu übernehmen. Die Männer in Weiß arbeiteten auf den 140 Kilomet

04.05.2024Highlight-Video der 1. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) – Jhonatan Narvaez (Ineos Grenadiers) hat mit seinem Sieg zum Auftakt des 107. Giro d’Italia das erste Rosa Trikot erobert. Der 27-jährige Ecuadorianer setzte auf der 1. Etappe über 140 Ki

04.05.2024Gasparotto: “Max hat das heute clever gemacht“

(rsn) – Viel fehlte nicht und Maximilian Schachmann (Bora – hansgrohe) hätte zum Auftakt des 107. Giro d’Italia für eine dicke Überraschung gesorgt. Der 30-jährige Deutsche musste sich auf d

04.05.2024Highlight-Video der 7. Etappe der Vuelta Femenina

(rsn) – Marianne Vos (Jumbo – Visma) hat bei der 10. Vuelta Femenina ein weiteres Mal ihren Ruf als stärkste Sprinterin untermauert. Die 36-jährige Niederländerin entschied die 7. Etappe über

04.05.2024Nur Narvaez zum Giro-Auftakt schneller als Schachmann

(rsn) – Maximilian Schachmann (Bora – hansgrohe) hat denkbar knapp einen perfekten Einstieg in den 107. Giro d’Italia verpasst. Der zweimalige Deutsche Meister belegte auf der 1. Etappe über 14

04.05.2024Bénin: Zeitbonifikation kostet Bike Aid den Gesamtsieg

(rsn) - Große Enttäuschung beim Team Bike Aid zum Finale der Tour du Bénin (2.2). Der marokkanische Nationalfahrer Achraf Ed Doghmy gewann die 154 Kilometer lange Schlussetappe nach Cotonou im Spr

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)