US-Amerikanerin düpiert die Zeitfahr-Konkurrenz

Dygert bricht bei der WM die niederländische Übermacht

Von Joachim Logisch

Foto zu dem Text "Dygert bricht bei der WM die niederländische Übermacht"
Chloe Dygert gewinnt das WM-Zeitfahren in Yorkshire | Foto: Cor Vos

24.09.2019  |  (rsn) - Die Dominanz der Niederländerinnen im Zeitfahren der Weltmeisterschaften ist gebrochen! Mit 1:31 Minuten Vorsprung vor Anna van der Breggen und 1:54 Minuten vor Annemiek van Vleuten gewann die US-Amerikanerin Chloe Dygert das Zeitfahren der Frauen in Yorkshire. Das ist der größte jemals bei Welt-Titelkämpfen erzielte Abstand sowohl bei Männern und Frauen.

"Ich habe mich wirklich gut auf dieses Rennen vorbereitet und die vergangene Woche mit der dreifachen olympischen Goldmedaillengewinnerin Kristen Armstrong verbracht", erklärte Dygert, nachdem sie sich von den Anstrengungen erholt hatte. Zwei Helfer mussten sie nach dem Zieleinlauf vom Rad heben und aus den Pedalen befreien. "Wir haben uns dieses Jahr auf dieses Rennen konzentriert, nach meiner Verletzung in der letzten Saison. Und jetzt freuen wir uns auf Tokio (die Olympischen Spiele 2020, d. Red.)“, schickte sie im gleich die nächste Herausforderung an die erfolgsverwöhnten Niederländerinnen.

Denn die Art und Weise, wie die 22-Jährige bei Regen über die feuchten Straßen von Ripon nach Harrogate jagte, lässt vermuten, dass sie auch in den nächsten Jahren das Oranje-Team aufmischen kann. Schon nach zwölf Kilometern hatte Dygert die Deutsche  Lisa Brennauer, Zeitfahrweltmeisterin von 2014, eingeholt. Sieben weitere Fahrerinnen, die bis zu acht Minuten vor ihr gestartet waren, erlitten das gleiche Schicksal wie die Allgäuerin auf der insgesamt 30,3 Kilometer langen Strecke.

Dygert hatten sicher nicht viele bei diesen Weltmeisterschaften als mögliche Goldmedaillen-Gewinnerin auf der Rechnung, nachdem sie sich im letzten Jahr während der 2. Etappe der Kalifornien Rundfahrt bei einem Sturz eine schwere Gehirnerschütterung zugezogen hatte. Fast ein Jahr lang fuhr sie kaum ein Rennen, bevor sie mit Kristen Armstrong die Operation Gold startete.

Das Regenbogentrikot ist nichts so Neues für die junge Amerikanerin, gewann sie auf der Bahn doch schon sieben Weltmeisterschaftstitel. Bei der Bahn-WM 2018 bekam van Vleuten wohl schon eine Ahnung, welcher Alptraum ihr in Zukunft auf der Straße begegnen könnte. Denn im Finale von Apeldoorn wurde sie als amtierende Zeitfahrweltmeister von Dygert überholt, die in 3:20,060 Minuten einen neuen Weltrekord aufstellte.

So lief das Rennen:

Da die teilweise von den morgendlichen Starkregen überfluteten Straßen von den Wassermassen befreit werden mussten, wurde der Start um 40 Minuten verschoben. Dafür wurden die ursprünglich auf 90 Sekunden festgelegten Startintervalle auf 60 Sekunden verkürzt.

Die früh gestarte Weißrussin Alena Amialiusik legte als Erste mit 20:28 Minuten bei 14,2 Kilometer eine Zwischenzeit vor, die Bestand hatte, bis Dygert angeflogen kam und mit 18:58 Minuten die Führung übernahm. Sie war dabei bereits 1:31 Minuten schneller als Amialiusik. Auch die Topfavoritinnen Van Vleuten (+1:09) und van der Breggen (1:10) kamen nicht mehr auch nur annähernd an diese Marke heran.  Brennauer (+1:31) wurde als Sechste und  Lisa Klein (+1:38) als Achte notiert.

Wer nach dem schnellen Start der US-Amerikanerin dachte, sie würde einbrechen, wurde eines Besseren belehrt. Die neue Weltmeisterin baute ihren Vorsprung mit einem Schnitt von mehr als 43 km/h sogar auf noch nie dagewesene 1:54 Minuten aus. Ihre Siegerzeit hätte bei den U23-Männern, die auf der gleichen Strecke fuhren, zu Platz 12 gereicht.

Die 23-jährige Klein hatte sich ihr erstes Einzelzeitfahren bei einer WM sehr gut eingeteilt. Die Deutsche Zeitfahrmeisterin belegte in der Endabrechnung mit 2:40 Minuten hinter Dygert den fünften Platz. Wenige Sekunden vor Klein kam die 44-jährige Amber Neben auf den vierten Rang. Brennauer wurde mit 3:19 Minuten Rückstand Zehnte, vier Positionen hinter der starken Schweizer Zeitfahrmeisterin Marlen Reusser (+ 3:02).

"Ich bin erst gar nicht ins Rennen gekommen, mein Visier war beschlagen, ich habe nichts gesehen, es war, als würde ich auf einer Wolke fahren. Nach sieben Kilometern habe ich das Visier einfach weggeworfen“, sagte Klein im Ziel.. "Ich bin vielleicht zu langsam gestartet, weil ich großen Respekt vor dem Finale hatte. In der letzten Abfahrt konnte ich mich fürs Finale noch mal ein wenig erholen."

Dagegen hatte die 31-jährige Brennauer nichts an ihrer Vorstellung auszusetzen. "Ich bin total glücklich mit meinem zehnten Platz. Ich wollte in die Top-Ten und das habe ich geschafft“, strahlte die Allgäuerin. "Wegen des Regens bin ich nicht langsamer gefahren, aber zum Schluss ging mir die Puste aus. Ich musste unterwegs viel gucken, den Kopf öfter heben, da war ich wohl nicht so aerodynamisch unterwegs.“

Mehr Informationen zu diesem Thema

20.10.2019Eekhoff klagt vor CAS gegen aberkannten WM-Sieg

(rsn) - Es war die bitterste Stunde seiner noch jungen Karriere. Wenige Minuten nach dem Triumph im WM-Straßenrennen der U23 wurde Nils Eekhoff wegen unerlaubten Windschattenfahrens hinter einem Begl

08.10.2019Die Form reicht nicht mehr: Alaphilippe beendet Saison

(rsn) - Bei den kanadischen Eintagesrennen in Quebec (7.) und Montreal (13.) zeigte sich Julian Alaphilippe (Deceuninck - Quick-Step) noch in vielversprechender Verfassung, auch wenn es zu keinem Sieg

08.10.2019Pedersen: “Ich will mein Jahr als Weltmeister genießen“

(rsn) - Nach seinem sensationellen Triumph im WM-Straßenrennen von Harrogate, in dem er als erster Däne der Radsportgeschichte das Regenbogentrikot eroberte, wird Mads Pedersen (Trek - Segafredo) di

03.10.2019Degenkolb versteigert sein WM-Trikot für Les Amis de Paris-Roubaix

(rsn) - Nach seiner Spendensammelaktion für das Nachwuchsrennen von Paris-Roubaix im Februar hat sich John Degenkolb nun etwas neues ausgedacht, um seiner Rolle als Botschafter der ´Amis de Paris-Ro

01.10.2019Trentin: “Ich bin stolz auf mich und mein Team“

(rsn) - Im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends eilten die Italiener bei Straßenweltmeisterschaften von Erfolg zu Erfolg. Vier Goldmedaillen sammelten damals die Fahrer in den azurblauen Trikots, daz

01.10.2019Podcast: Rückblick auf die Straßen-WM

(rsn) - Im gemeinsamen Podcast von radsport-news.com und meinsportradio.de blickt Malte Asmus gemeinsam mit Eric Gutglück und Marc Winninghoff auf die 86. UCI-Straßenweltmeisterschaften zurück, die

01.10.2019Sagan verspielt Chance auf 4. WM-Gold mit taktischem Fehler

(rsn) - Auf den letzten fünf Kilometern gab Peter Sagan nochmal Vollgas. Der dreifache Weltmeister wollte nicht aus Yorkshire abreisen, ohne wenigstens nochmal alles aus seinem Körper herausgeholt u

30.09.2019Nur Gilbert hatte starke Beine - doch der stürzte

(rsn) - Ein achter Platz von Greg Van Avermaet war es letztlich, der für das hochgehandelte belgische Team am Ende des WM-Straßenrennens von Yorkshire zu Buche stand. 70 Sekunden hinter Goldmedaill

30.09.2019Valverde: “Ich war komplett erfroren“

(rsn) – Schon beim Blick auf den Wetterbericht, allerspätestens am Morgen beim Blick aus dem Fenster nach dem Aufstehen dürfte Alejandro Valverde klar geworden sein, dass es nichts mit einer Verte

30.09.2019Politt mit dem richtigen Riecher, aber von Trentin überrascht

(rsn) - Zu den heißesten Anwärtern auf die Medaillen hatten die deutschen Starter im WM-Straßenrennen von Harrogate von vorne herein nicht gezählt. Am ehesten hätte wohl Maximilian Schachmann fü

29.09.2019Großschartner: “Am Ende ist es nicht so aufgegangen für uns“

(rsn) - Lange Zeit sah es gut aus für das österreichische Nationalteam im Rennen der Eliteherren in Yorkshire. Denn mit Lukas Pöstlberger, Felix Großschartner, Patrick Konrad, Hermann Pernsteiner

29.09.2019“Mathieu van der Poel ist auch nur ein Mensch“

(rsn) - Bis zwölf Kilometer vor dem Ziel schien klar: Favorit Mathieu van der Poel wird sich in Harrogate zum Straßen-Weltmeister küren. Bis dahin lag der niederländische Überflieger mit vier wei

Weitere Radsportnachrichten

06.05.2024Ein Hauch von Mailand-Sanremo

(rsn / ProCycling) – Die Fahrt über die Po-Ebene, ein langer Anstieg in der Mitte der Strecke, das Erreichen der ligurischen Küste und Passagen durch malerische kleine Städtchen – es ist eine E

06.05.2024Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir jeden Morgen

06.05.2024Bauernfeind beendet Vuelta besser als erwartet

(rsn) – Wer weiß, was alles möglich gewesen wäre. Wenn Ricarda Bauernfeind nicht zu Beginn der Vuelta Feminina (2.WWT) etwas gekränkelt hätte. Und wenn sie von Beginn an als Kapitänin von Cany

06.05.2024Highlight-Video der 3. Etappe des Giro d´Italia

(rsn) - Die 3. Etappe des Giro d´Italia 2024 galt es erster Tag für die Sprinter der diesjährigen Rundfahrt. Doch bevor die schnellen Männer auf der Zielgeradem zum Sprint ansetzen konnten, musste

06.05.2024Pogacar: “Ich habe nicht attackiert“

(rsn) - Letztlich gab es auf der 3. Etappe des Giro d´Italia (2.UWT) zwar den erwarteten Massensprint, doch bis es dazu kam, mussten erst noch Tadej Pogacar und Geraint Thomas nach einem späten Angr

06.05.2024Merlier gewinnt nach später Attacke von Pogacar und Thomas

(rsn) – Am Ende einer komplett verrückten Etappe gewann Tim Merlier (Soudal – Quick-Step) auf dem dritten Teilstück des 107. Giro d’Italia (2.UWT) den erwarteten Massensprint. Der Belgier war

06.05.2024Liste der ausgeschiedenen Fahrer / 3. Etappe

(rsn) - 176 Profis aus 22 Teams sind am 4. Mai zum 107. Giro d’Italia (2.UWT) angetreten, darunter auch zwölf Deutsche, vier Österreicher, zwei Schweizer und ein Luxemburger. Hier listen wir a

06.05.2024In Frankfurt und in Vorarlberg gab es wenig zu holen

(rsn) - Die deutschen KT-Teams hatten in dieser Woche ein volles Rennprogramm. Doch die erhofften Erfolge sprangen dabei gegen die internationale Konkurrenz nicht heraus.Die ereignisreichste Woche ha

06.05.2024Milan: “Wenn man das Trikot einmal hatte, will man es wieder“

(rsn) – So spät kommen die Sprinter selten bei einer Grand Tour zum Zug. Die heutige 3. Etappe bietet die erste Chance für die schnellen Männer, um einen Etappensieg zu kämpfen. Einfach wird es

06.05.2024O’Connor “muss jetzt die Konsequenzen tragen“

(rsn) – Wenn Ben O’Connor (Decathlon – AG2R La Mondiale) in diesem Jahr irgendwo an den Start ging, war es meistens von Erfolg gekrönt. Auf seinen Sieg bei seinem Saisonauftakt bei der Murcia-R

05.05.2024Eine erste Chance für die Sprinter

(rsn / ProCycling) – Nachdem sie sich zwei Tage lang "aufwärmen" konnten, ist es nun für die schnellen Männer des Pelotons Zeit, ihren Job zu verrichten. Bevor sie jedoch ihren ultimativen Zielsp

05.05.2024Pogacar auf den Spuren Pantanis

(rsn) - 1999 hatte Marco Pantani am Fuße des Anstiegs zur Kapelle nach Oropa einen Defekt. Die Kette fiel ihm herunter. Es dauerte, bis ein Materialwagen bei ihm war. Fahrer um Fahrer zog derweil an

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Giro d´Italia (2.UWT, ITA)