Interview mit dem Chef von Gazprom-RusVelo

Khamidulin: “Hoffentlich geht unser Plan auf“

Von Christoph Adamietz

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Renat Khamidulin ist General Manager bei Gazprom-RusVelo | Foto: Gazprom-RusVelo

26.12.2021  |  (rsn) - Das Team Gazprom-Rusvelo geht 2022 in sein elftes Jahr als ProTeam. radsport-news.com sprach mit General Manager Renat Khamidulin über die Entwicklung des Teams, den vollzogenen Umbruch in diesem Winter, die Zukunft des Rennstalls und über die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 von Hauptsponsor Gazprom.

Das Team Gazprom-RusVelo hat 2021 drei Siege und neun Podiumsplatzierungen errungen. Wie zufrieden sind Sie mit dem Jahr?
Khamidulin: "Natürlich wollten wir mehr Siege erreichen. Aber eine Vielzahl von Podiums- und Top 10-Plätzen stehen für eine sehr stabile Mannschaftsleistung. Bei der Analyse der Ergebnisse haben wir auch immer die Qualität der Rennen, an denen wir teilnehmen, im Hinterkopf. Auch in diesem Jahr war unser Kalender sehr hochwertig und das wertet ein Top10-Resultat auf. Fazit: die Saison ist recht gut verlaufen."

Vor der Saison 2021 haben Sie mit Roman Kreuziger und Ilnur Zakarin große Namen verpflichtet. Inwiefern haben die beiden Ihre Erwartungen erfüllt?
Khamidulin: "Dies sind Fahrer mit großem Namen und enormer Erfahrung. Roman kam ins Team, um seine Erfahrung an unsere jungen Fahrer weiterzugeben und als Road Captain in den Rennen zu agieren. Er hat seine Aufgaben zu einhundert Prozent erledigt. Gleichzeitig wussten wir, dass dies seine letzte Saison ist. Wie ein Super-Profi hat er alles bis zum letzten Punkt erfüllt. Gerade in unserem Sport passiert es manchmal, dass man nach Stürzen Pech hat. Das war bei Ilnur der Fall. Nach seiner Verletzung kam er nicht wieder in Form. Deshalb haben wir beschlossen, ihn bereits im August aus allen Rennen zurückzuziehen. Wir wollten, dass er sich vollständig erholt, auf sein gewohntes Niveau zurückkehrt und sich komplett auf die Saison 2022 fokussiert. Hoffentlich geht unser Plan auf."

Acht Fahrer haben nun im Winter das Team verlassen, denen stehen neun Neuzugänge gegenüber. Was erwarten Sie von der Saison 2022?
Khamidulin: "Wir haben signifikante Veränderungen im Team vorgenommen. Acht Fahrer haben uns verlassen und neun sind hinzugekommen. Außerdem ist die neue Position von Dimitri Sedoun als Teammanger eine große Veränderung. Er bringt seine umfangreiche Erfahrung ein und hat die neuen Fahrer sorgfältig ausgewählt. Jeder unserer Fahrer ist sehr talentiert und deshalb haben wir sehr ehrgeizige Erwartungen für die nächste Saison."

Lassen Sie uns über einen Ihrer Neuzugänge sprechen. Wie haben Sie es geschafft, den sicherlich auf dem Transfermarkt sehr begehrten Andrea Piccolo unter Vertrag zu nehmen?
Khamidulin: "Wir haben ausgezeichnete Beziehungen zum Berater von Andrea und haben mit ihm besprochen, wie er sich entwickeln kann. Unsere Visionen stimmten überein und wir haben es geschafft, diesen zweifellos sehr talentierten Fahrer zu verpflichten. Ich glaube, er kann zu einem sehr coolen Fahrer heranwachsen. Seine Ergebnisse in der U23 sprechen Bände. Ich weiß aus meiner eigenen Erfahrung als U23-Fahrer, dass es bei den Rennen, bei denen er ganz vorne war, keine zufälligen Gewinner gibt. Es ist unmöglich, versehentlich mehrmals auf dem Podium zu landen."

Drei russische Fahrer haben das Team verlassen, dagegen wurden keine neuen russischen Fahrer ins Team geholt. Liegt das daran, dass das Team internationaler werden soll oder gibt es im Moment nur wenige russische Talente?
Khamidulin: "Derzeit gibt es gerade so genügend Talente, aber keine idealen Bedingungen für größeres Wachstum im russischen Radsport. Als einziges russisches Profi-Team tragen wir unseren Teil dazu bei, dass sich dieser Zustand verbessert. Zum Beispiel durch unser eigenes Scouting-Programm inklusive unseres U23-Teams für russische Fahrer sowie die Jugend-Rennen, die wir in Russland veranstalten. Wir hoffen, mit diesen Maßnahmen die aktuelle Situation zu korrigieren."

Was macht Sie zuversichtlich, dass 2021 ein erfolgreiches Jahr für das Team wird?
Khamidulin: "2012 war unsere erste Saison – 2022 wird nach zehn Jahren ein Meilenstein für uns. Wir haben große Veränderungen vorgenommen: fast die Hälfte der Fahrer ist neu dabei, der Kader ist so international wie noch nie und wir erleben neuen Input im Performance Bereich sowie beim Staff. Alles zielt darauf ab, mit neuem Schwung in das Jahr zu gehen."

In Ihren Pressemitteilungen wird immer wieder betont, dass Gazprom Germania der Hauptsponsor des Teams sei. Warum fahren nach wie vor keine deutschen Fahrer für Ihr Team? Es gibt ja noch einige talentierte Fahrer, die sich für 2022 keinen Profivertrag sichern konnten…
Khamidulin: "Ich bin kein Mensch, der Fahrer nach ihrem Pass auswählt. Die Verpflichtungen in diesem Jahr zeigen, dass wir sehr offen für Fahrer aller Nationalitäten sind. Deutschland hat viele talentierte Fahrer, die in internationalen Teams fahren. Deswegen haben wir erste Projekte mit deutschen Vereinen, sind im Austausch mit deutschen Teams und kooperieren mit deutschen Fahrermanagern. Wer weiß: möglicherweise fährt zukünftig auch ein Fahrer aus Deutschland bei uns im Kader."

Werden Sie sich für eine Giro-Wildcard bewerben? Wie realistisch sind die Chancen dafür?
Khamidulin: "Wie in jedem Jahr haben wir uns auch für den nächsten Giro d’Italia beworben. Aber angesichts des neuen UCI-Reglements können die Veranstalter der Grand Tours nur zwei Wildcards vergeben und ihre Aufmerksamkeit gilt natürlich zuerst den lokalen Teams. Damit sind unsere Chancen recht gering. Egal wie es ausgeht: die Veranstalter entscheiden und wir werden ihre Entscheidung immer respektieren."

Wie sehen die langfristigen Ziele aus: ProTeam bleiben oder in die WorldTour aufsteigen?
Khamidulin: "Ja, den Aufstieg haben wir im Hinterkopf. Aber bevor das akut wird, müssten wir uns sportlich noch ein gutes Stück weiterentwickeln und die nächste Stufe schaffen. Konkret gehe ich davon aus, dass wir zuerst unter den Top 5 der UCI ProTeams sein müssen, um den Aufstieg ernsthaft in Betracht ziehen zu können."

Es gibt hitzige Debatten über die Gaspipipeline Nordstream 2, die Gazprom gehört. Haben Sie Sorge, dass sich hier Sport und Politik vermengen könnten und das negative Auswirkungen für Ihr Team haben könnte?
Khamidulin: "Unser Titelsponsor ist eines der größten Unternehmen der Welt. Ohne Zweifel ist Gazprom ein sehr verlässlicher Partner des Teams, den wir in seinen Entscheidungen als sehr stimmig erleben. Daher kümmert sich das Team um seine Angelegenheiten im Radsport und Gazprom um sein Geschäft. Jeder von uns erfüllt die Vertragsbedingungen und wir hatten nie irgendwelche Bedenken."

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